Der Ölpreis sinkt - zumindest tat er das bis gestern. Innerhalb weniger Tage sank der Preis für ein Barrel in Europa (Sorte: Brent) von 117 Dollar auf 106 Dollar, auf dem nordamerikanischen Markt (Sorte: WTI) sogar von 100 Dollar auf 82. Der Crash an den Börsen führt auch zum Crash beim Ölpreis, dahinter steht die Erwartung der "Marktteilnehmer", dass die Wirtschaft an Schwung verliert und eine neue Wirtschaftskrise wahrscheinlich wird. Dann würde auch weniger Öl verbrannt. Für 100 Liter Heizöl müsen in Deutschland jetzt noch etwa 76 Euro bezahlt werden, vor wenigen Tagen waren es noch 83. Bei esyoil.com kommentiert dies der Geschäftsführer Klaus Bergmann mit einem "Run auf Heizöl", denn jetzt kaufen alle nach, die sich die hohen Preise der vergangenen Monate sparen wollten. Im Ergebnis sind die ersten Läger der Lieferanten schon wieder leer, was zumindest ganz kurzfristig die Preise wieder etwas anziehen könnte. Preisbestimmend dürften danach jedoch vor allem die Aussichten für die Konjunktur sein: Kann die Krise abgewendet werden oder eher nicht?
Die Staatsschuldenkrise, die sich zunehmend in eine Währungskrise wandelt, läßt eher einen Einbruch der Wirtschaftsleistung erwarten. Aus Sicht des Peak Oil dürfte es interessant zu sehen sein, wie weit der Ölpreis nachgibt. 40 Dollar, wie nach dem Einbruch im Sommer 2008 sind jedoch eher unwahrscheinlich. Die langfristige Aussicht sind weiter steigende Preise. Nicht nur, weil die Schwellenländer ihren Verbrauch weiter steigern werden und damit Absatzrückgänge in den Industrieländern ausgeglichen werden, sondern auch, weil die Förderung der verbleibenden Reserven immer aufwender und deshalb teurer wird. Der brasilianische Förderer Petrobas kalkuliert mit 80 Dollar pro Barrel, sinkt der Ölpreis darunter wird Petrobas seine Investitionen in neue Förderungen zurückfahren und damit die Knappheit der Zukunft verschärfen. Die Firma will bis 2015 225 Milliarden Dollar in neue Förderungen investieren, aber sie kann es nur, wenn der Preis eben nicht auf unter 80 Dollar sinkt. Dort liegt der Boden der Ölpreise - zumindest langfristig. Denn: Sinkt der Ölpreis darunter, werden keine zusätzlichen Quellen erschlossen. Werden keine neuen Quellen erschlossen, sinkt die globale Ölfördermenge, da die meisten Felder sich bereits am Peak oder in der Decline-Phase befinden, in der die Fördermenge sinkt. Sinken die Fördermengen dürfte es zu Versorgungsengpässen an den Märkten kommen, was den Preis steigen läßt - denn ohne Öl läuft die Industrialisierung einfach nicht.
So mag die Finanzkrise auf die Ölpreise durchschlagen, an der Abhängigkeit der meisten Volkswirtschaften von diesem Rohstoff ändert das wenig. Luft zum Atmen bekommt so manches Unternehmen, wenn die Preise sinken, die deutsche Konjunktur wird inzwischen fast mehr von Saudi Arabien & Co. aus bestimmt als von der hiesigen Wirtschaftspolitik. Doch sobald das unternehmerische Atmen wieder leichter fällt und die Wirtschaft wieder anzieht, steigt auch der Ölpreis und macht die Luft wieder dünner. Im Peak Oil Barometer von Energy Comment ist daher von stark schwankenden Preisen und "demand destruction" die Rede: Der mit Peak Oil einhergehende Preisanstieg zerstört durch krisenhafte Erscheinungen die Nachfrage nach Öl, was die Preise senkt. Die niedrigeren Preise erlauben dann wieder einen Wirtschaftsaufschwung, dessen zunehmende Ölnachfrage jedoch die Preise wieder steigen läßt. Ein häßliches Dilemma.
Kurzfristig sollte sich jeder Besitzer von Ölheizungen an den sinkenden Preisen erfreuen, langfristig darf betont werden, was esyoil-Geschäftsführer Bergmann geschäftig unter jeden seiner Marktkommentare schreibt:
Im Übrigen sind wir der Meinung, dass es mehr denn je angebracht ist, sich mit der Reduzierung des eigenen Verbrauchs zu beschäftigen.