Zwei interessante Webseiten, die sich mit Wirtschaftsfragen beschäftigen und dabei immer mal wieder auf das Erdöl zu sprechen kommen, sind die englischsprachige Seite Early Warning von Stuart Staniford und die deutschsprachigen Querschüsse. Letztere haben Mitte November einen Blick auf die britische Nordseeölförderung geworfen, erstere einen Blick nach Saudi-Arabien. Hinzu kommt ein Blick auf die globalen Öl-Überschüsse, die für den Export "übrig" bleiben, nachdem man den Eigenverbrauch der Förderländer von der Ölförderung abzieht. Da zeigt sich eine, für Import-Länder gefährliche, Lücke.
Demnach sank die britische Förderung in der Nordsee allein im vergangenen Jahr um 22,7%:
Verglichen mit dem Fördermaximum im November 1999, also vor ziemlich genau 12 Jahren, ist das ein Abfall um 70%. Seit 2005 exportiert Großbritannien kein Öl mehr, sondern hat sich zum Öl-Importeur gewandelt, der logischerweise als zusätzlicher Nachfrager auf dem internationalen Markt auftritt. Seit Mitte 2004 hat der Ölpreis die Marke von 40US$ pro Barrel konsequent und dauerhaft überschritten.
Die saudische Ölproduktion befindet sich laut Early Warning seit 3 Monaten in einem Rückgang. Das muss nicht zwingend auf das Erreichen eines Peaks hindeuten, es kann auch der Vorgriff von Saudi Aramco auf die absehbare internationale Wirtschaftskrise sein, in deren Verlauf ganz bestimmt weniger Öl verbraucht werden wird als bislang:
Allerdings geht seit Anfang 2011 die Anzahl neuer Förderanlagen nach oben (rote Kurve), das könnte auf neue Erschließungs- und Explorationsaktivitäten hinweisen. Sollte sich herausstellen, dass trotz neuer Förderaktivitäten sich die Menge des förderbaren Öls nicht steigern läßt, bekommt die gestrige Meldung, dass Saudi-Arabien seine Ölförderung nicht steigern will, eine ganz besondere Note. Dann ist auch Saudi-Arabien an seinem Peak Oil angekommen.
Die globale Förderung von flüssigen Kohlenwasserstoffen hat jüngst einen neuen Höchstwert erreicht, der Gesamt-Peak ist also noch nicht erreicht:
Allerdings liegen die Steigerungsraten unter dem Trend der letzten Jahre. Im Ergebnis, so schreibt der theoildrum-Kommentator westexas, tut sich eine Lücke zwischen der Fortschreibung der historischen Daten und den Förderungen der letzten Jahre auf, die man im Detail zwar kritisieren kann, die aber im Grunde bestätigt, was die Internationale Energieagentur in ihren Publikationen ja beschreibt: Dass es schwierig wird, die Ölförderung in ähnlichem Tempo auszuweiten, wie in der Vergangenheit.
Zieht man bei den 33 größten Ölexporteuren ihren Eigenverbrauch von der Fördermenge ab, bleibt im Vergleich zu 2005 ein Rückgang der für den Export bestimmten Ölmenge:
Die "Lücke" von 16 Millionen Fass pro Tag, die obige Grafik zeigt, ergibt sich, wenn man die Förderung von 2002 bis 2005 in diesen Ländern linear fortschreibt. Diese Lücke, egal wie groß sie im Detail wirklich ist, erklärt jedoch den Anstieg der Ölpreise seit 2004. Der Rückgang des zum Export bestimmten Öls ist insbesondere für Importländer wichtig. Denn: Öl, das nicht exportiert wird, kann nicht importiert werden. Für Deutschland, das zu 97% auf Import angewiesen ist, aber im Grunde für ganz Europa, das abgesehen von der Förderung in der Nordsee keine nennenswerte Eigenförderung hat, ist dies jedoch ein Signal zum Aufwachen.
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