Die gute Nachricht zuerst: Der U.S. Geological Survey (USGS) hat in einer neuen Schätzung die weltweit technisch verfügbaren, aber noch unentdeckten Mengen an Erdgas um 20% auf 5,606 Billionen Kubikfuss angehoben. Die schlechte Nachricht: Die Mengen an technisch förderbarem, noch unentdecktem Erdöl wurden um 13% auf 565 Milliarden Barrel gesenkt. Die letzte Schätzung dieser Art wurde im Jahr 2000 vorgenommen.
Dies sind keine übermäßig besonderen Zahlen, sie bestätigen nur, was sowieso in den Zeitungen steht: Öl wird teurer, Öl wird knapper. Das merkte zuletzt unter anderem die Luftfahrt. Delta Airlines und US Airways, Austrian Airlines, Swiss Airlines, Air France/KLM - die meisten großen, insbesondere die europäischen Fluglinien schreiben rote Zahlen. Das liegt nicht nur an den Kerosinkosten, denn sonst wäre es bei den "Billigfluglinien" nicht anders. Die Billigflieger schaffen es vor allem, ihre Kosten auf die abseits liegenden Flughäfen zu verlagern, die oft jene roten Zahlen schreiben, die sich die Fluglinien damit sparen. Dennoch fällt der Tenor der Berichterstattung auf: Europa vertrage vielleicht drei große Fluggesellschaften, Fusionen stehen also an. Wenn Fluglinien sich in schwarze Zahlen retten, passiert dies offenbar in erster Linie über steigende Ticketpreise. Die us-amerikanische Jetblue ist solch ein Fall. Allerdings bemerkt das Handelsblatt, dass die Spritkosten mit 23% schneller stiegen als die Umsätze (19%). Von seinen 1,2 Milliarden US$ Umsatz musste die Firma mehr als ein Drittel, nämlich 433 Millionen US$, für Treibstoff ausgeben. Spritsparen steht also an: Mit nur einem Triebwerk übers Rollfeld zu fahren, Einkaufsgemeinschaften unter Fluggesellschaften zu bilden, oder schwere Gegenstände aus dem Flugzeug zu schaffen kann viele Liter und viele Dollars sparen helfen. Es muss ja nicht so werbewirksam-radikal sein wie bei Ryanair, die drüber nachdachten, die Armlehnen von den Sitzen zu montieren und ihre Stewardessen zum Abnehmen zu animieren. Im Gegensatz zum Gewicht der Flieger dürften die Ticketpreise künftig jedoch die Gegenrichtung einschlagen: Fliegen wird wieder teurer.
Ob ein paar Gramm Fett oder eine fehlende Armlehne die Luftfahrt über eine Peak-Oil-Krise hinwegschweben lassen? Zweifelhaft. Wo (nahezu unbesteuerte) Treibstoffkosten bei einem Drittel des Unternehmensumsatzes liegen, schlagen steigende Ölpreise ungedämpft in die Bilanzen ein. "Die Energiekrise wird kommen und sie wird schrecklich sein" wird Physik-Nobelpreisträger Robert Laughlin bei t-online zitiert. In 200 Jahren ähnelt unser Leben dem heutigen sehr, sagt er, doch bis dahin werden wir eine Energiekrise überstehen müssen, die aus seiner Sicht mit stark steigenden und stark schwanken Ölpreisen beginnt und wir in etwa 100 Jahren gänzlich ohne Öl dastehen. Eine Rückkehr der Atomkraftwerke ist für ihn absehbar, denn "es geht schließlich ums Geld". Ein durchaus bedenkenswertes Interview.
Russlands neuer Premierminister Präsident Putin war derweil persönlich (!) anwesend bei der Unterzeichnung von Verträgen zwischen Exxon Mobil (USA), Eni (Italien), Statoil (Norwegen) und Rosneft (Russland). Gemeinsam wollen die Konzerne Russlands Ölreserven in der Barentssee, im Ochotskischen Meer vor Sibirien und in der Arktis fördern. Laut Handelsblatt ist Russland auf westliches Knowhow angewiesen, weil: "Dauerfrost und das Fehlen jeglicher Infrastruktur machen die Förderung in weiten Teilen dort zu einem großen Wagnis." Dass Russland seinen Peak Oil womöglich hinter sich hat und dennoch von Öleinnahmen abhängig ist gilt dem Handelsblatt als treibende Triebkraft hinter Putins (persönlichem) Einsatz: "Die Hälfte der Staatseinnahmen stammt aus dem Energiegeschäft. Wegen der sinkenden Fördermengen in Sibirien muss das Land aber seine Ressourcen im Meer anzapfen, um das Langfristziel einer Produktion von mehr als zehn Millionen Barrel pro Tag zu erreichen."
Ich habe in dieser Branche als Zulieferer mitgearbeitet.
Noch immer ist die Luftfahrtindustrie ein überbezahlter Haufen. Ein in sich abgeschotteter “Verein”. Dies ist gewollt von den Teilnehmer. Die Hürden um eine Zulassung für Teile jeglicher Art zu erhalten sind immens! So schottet man sich ab und hält die Preise hoch. Das wissen alle, auch die Airlines. Tun aber nichts dagegen, weil es sie in letzter Konsequenz dann eben auch in der Kette, in den Gehaltsstrukturen treffen würde.
Ohne große Probleme könnten die Airlines bis zu einem Drittel in der Anschaffung ihrer Arbeitsgeräte einsparen, wenn sie endlich von ihrer Qualifizierungswut herab steigen könnten. Dies wäre technisch ohne Probleme machbar. Wir aber vehement verteidigt, sie Grund oben.
Noch heute sind Zulieferer ausgelastet bis an die Hutkrempe. Noch heute ist der Auftragsbestand bei Airbus über 6 Jahre. zum größten Teil sind es Optionen, aber die Bücher sind voll. Peak Oil ist kein Thema in der Branche. Stichwort kognitive Dissonanz! Solange der Kuchen verteilt ist und die Profite stimmen, wird sich dies nicht freiwillig ändern. Ölpreise ab 140, 150 Dollar tun dann weh und die Krise 2.0 tritt in Kraft. Davon ist die Branche jedoch aktuell nicht betroffen. Spätestens wenn die Decline durch Substitute nicht mehr gedeckelt werden kann wird es eng für die Branche. Meine Einschätzung:
a.) wird weiter im Buchgeldsystem inflationiert und gedruckt bis es keinen Morgen mehr gibt, steigen die Verbrauchszahlen im Öl weiter an. Das Öl wird zwangsläufig die nächsten Jahre teurer. Ab der genannten Grenze bremst sich das ganze Wachstum ein und die Branche gerät in eine erneute Krise.
b.) die “Finanzarithmetik” sprengt sich selbst, deflationäre Kräfte setzen sich durch. Die Kreditkontraktion in den Märkten geht in eine neue Runde. Weniger Verbrauch, da weniger Geld. Ergebnis, der Ölpreis sinkt, weniger Teilnehmer haben Geld für den Luxus fliegen übrig. Die Branche gerät in eine Krise.
So oder so, ich weiss warum ich nicht mehr in dieser Branche tätig bin. The crude awakening wird diese Branche in Bälde – in 1-10 Jahren treffen wie Thors Hammer.
Vielen Dank für diesen kleinen Einblick!
Naja, aber man sollte nicht vergessen, dass es auch gute Gründe für die “Qualifizierungswut” gab:
Z.B. Abstürze wegen nachgebauter Teile wie etwa Haltebolzen.
hallo Sukram – kann man so sehen, sehe ich aber nicht so wenn man mal in die Praxis sieht wie es denn abläuft.
Aribuseinkäufer für einen Haltebolzen kennt seinen Lieferanten A der sagen wir mal so, sich jährlich mit ein paar Tassen Kaffee sehr spendabel zeigt. Man kennt sich. Lieferant A ist zugelassen für den Bolzen. B-Z nicht, sie könnten aber… die Maschinen sind dieselben…
so ist die Praxis, jahrelang erlebt. Nicht immer, aber eben immer öfter… geh mal auf eine Airshow nach Frankreich oder England… das Luftfahrtbusiness ist ein in sich abgeschotteter Bereich. Es geht um sehr viel Geld… wie immer.
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