Effizienz am Bau
Die seit einigen Jahren im Einsatz befindlichen Passivhäuser und Niedrigenergiehäuser zeigen uns: Wir sind in der Lage Häuser so zu bauen, daß sie ohne größeren Energieaufwand beheiz- und bewohnbar sind. Sie machen uns aber auch deutlich, wie verschwenderisch wir bislang mit Energie umgegangen sind. Wieviel Energie könnten wir einsparen, wenn wir die Prinzipien von Niedrigenergiehäusern konsequent auf alle menschlichen Bauten anwenden? Obwohl Peak Oil eine enorme Bedrohung ist zeigt sich hier einer der wichtigen Wege heraus aus diesem Problem: Energiesparen durch größere Effizienz.
Das Bauwesen ist ein Bereich, in welchem neue Herangehensweisen zu viel besseren Ergebnissen führen können. Die Dämmung der Häuser ist da nur ein Teil der Lösung, weitere Energieeinsparungen werden durch andere Lüftungskonzepte oder Heizungen mit niedrigen Vorlauftemperaturen erreicht. Im Zusammenspiel mit neuer Bauweise, ordentlicher Dämmung und sparsamer Lüftung lassen sich die imposanten Ergebnisse von Passivhäusern erreichen.
Effizienz im Verkehr/beim Transport
Die Effizienzrevolution betrifft nicht nur das Bauwesen. In vielen, wenn nicht gar in allen Bereichen der Wirtschaft finden sich Prozesse, die verschwenderisch mit Energie umgehen. Das Transportwesen ist ein weiterer betroffener Bereich. Allein das Automobil, angeblich des Deutschen liebstes Kind, ist ein Beispiel für Ineffizienz. Um 150 Kilogramm zu transportieren müssen eine bis 1,5 Tonnen Gesamtgewicht in Bewegung gebracht und in Bewegung gehalten werden. Obwohl ein PKW meist für 4 Personen konzipiert ist, findet der Großteil aller Autofahrten mit einer "1-Mann-Besatzung" statt. Darüber hinaus stehen die meisten privaten PKWs mehr als 22 Stunden täglich ungenutzt herum. Energieeffizienz im Transportwesen herzustellen bedeutet deshalb nicht nur, sparsamere Autos herzustellen. Allein die Sparsamkeit im Verbrauch kann niemals so viel Ressourcen einsparen, wie eine intelligente Organisation des Verkehrs. Würden Produkte dort konsumiert, wo sie hergestellt werden, verkürzen sich die Transportwege. Würden Menschen dort arbeiten, wo sie wohnen, verkürzen sich die Arbeitswege. Würden Menschen sich Fahrzeuge teilen, verbessert sich der Nutzungsgrad. Dieses Teilen kann durch Fahrgemeinschaften, CarSharing oder altbekannten Öffentlichen Verkehr erfolgen. Die Kosten pro Person sinken, wenn nicht jeder sein eigenes Auto nutzt, sondern sich Gruppen von Reisenden zusammentun.
Eine regional orientierte Wirtschaftsweise reorganisiert den Verkehr grundlegend. Produktherstellung und Produktverbrauch rücken näher zueinander, wenn Menschen und professionelle Einkäufer bewußter einkaufen - also regionale Güter bevorzugen. Als Anreizsystem können regionale Währungen eingesetzt werden, die regionale Wirtschaftskreisläufe stimulieren und Wertschöpfungsketten regional organisieren. Natürlich lassen sich längst nicht alle Güter lokal herstellen, aber es ist enorm verschwenderisch, den Joghurt, die Äpfel oder die Jeans teilweise tausende Kilometer zu transportieren, obwohl sie regional herstellbar sind und ihr Transport dann ganz anders und effizienter organisiert werden könnte. Wenn Dezentralisierung und Regionalisierung den Prozess der Globalisierung ergänzen, verringern sich Abhängigkeiten, wie sie die Öl-Wirtschaft erst hervorgebracht hat.
Dies sind enorme Herausforderungen für die Stadtplanung und Regionalentwicklung, für die sich Kommunen künftig öffnen müssen. Ihr Resultat könnte jedoch lebenswertere Städte in sich selbstversorgenden und selbstorganisierenden Regionen sein, die sich an den Bedürfnissen der Menschen und weniger an den "Sachzwängen" orientieren.
Effizienz in der Produktion
Effizienz ist das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen. Je weniger Aufwand betrieben werden muß um ein möglichst hohes Ergebnis zu erzielen, umso effizienter laufen Prozesse ab. Es mag dem profitorientierten Streben widersprechen, Produkte möglichst so zu gestalten, daß sie eine lange Lebensdauer haben, der gesellschaftlichen Effizienz sind lang haltbare Güter aber enorm zuträglich. Verdoppelt sich die Haltbarkeit von Häusern, Möbeln, Maschinen oder Gebrauchsgegenständen, so wird nur die halbe Materialmenge benötigt, um sie herzustellen und der Herstellungsprozess muss halb so oft ablaufen. Das spart Energie und Rohstoffe und menschliche Arbeitszeit. Zu lange wurde Wohlstand daran gemessen, daß wir möglichst viel zu tun haben. Eine Umorientierung hin zu langlebigen und leicht recyclingfähigen Gütern kann nicht nur dem Peak-Oil-Problem gegensteuern, sondern auch mehr Freizeit für uns Menschen bedeuten. Anstatt Produkte mit Sollbruchstelle herzustellen, die der Kunde möglichst schnell durch die neueste Variante ersetzt, sollten sich unsere Ingenieure an einem möglichst modularen Aufbau von Produkten orientieren. Ginge ein Modul eines Geräts oder Möbelstückes kaputt müßte nur noch dieses kaputte Teil getauscht statt das gesamte Produkt weggeworfen werden. Eine Verlagerung der Arbeitsplätze in Richtung Reparatur und Dienstleistungen wäre die Folge. Darüber hinaus sollten Module so gestaltet sein, daß sie stofflich leicht zu verwerten und zu recyceln wären. (siehe auch Interview: Geplante Obsoleszenz)
Energieeffizienz
Egal ob beim Heizen, beim Transport oder in der Produktion - in allen Fällen, in denen Energie genutzt wird, verwandelt sich die Ursprungs-Energie (z.B. Strom) auch in eigentlich nicht erwünschte Energieformen. So heizt sich jeder Fahrzeugmotor auf, wenn in ihm Benzin zur Explosion gebracht wird. Diese Abwärme wird im Winter zwar zum Heizen der Fahrerkabine genutzt, aber im Sommer geht sie ungenutzt in die Umwelt. Dieser Verlust nutzbarer Energie tritt überall bei Technologien des letzten Jahrhunderts auf. Neue Technologien versuchen, Energie möglichst umfassend zu nutzen, anstatt sie beispielsweise als Abwärme ungenutzt zu verschwenden. Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist ein Konzept, welches zeigt, wie es gehen kann: Bei der Stromerzeugung anfallende Wärme wird genutzt, um zu heizen. Das spart Brennstoff und treibt den Nutzungsgrad solcher Anlagen auf bis zu 90%. (Das heißt, nur 10% der eingesetzten Energie gehen ungenutzt verloren.) Mikro-KWK-Anlagen helfen bereits heute beim Heizen in Wohngebäuden oder Gewerbebetrieben. Das Grundprinzip findet sich aber längst noch nicht überall in der Wirtschaft, wo Stahl geschmolzen, Wäsche getrocknet oder Maschinen betrieben werden. Hier sind Spielräume mit enormen Potential, welche durch eine verstärkte Effizienz beim Energieeinsatz gehoben werden können.
Auch die Kopplung von Gewerken, um die Abwärme des einen im anderen zu nutzen, spart Energie: Ein Gewächshaus neben einem Stahlwerk, oder die Kühlung eines Fabrikgebäudes wärmt das danebenliegende Schwimmbad - Prozesswärmetauscher ist das Stichwort.
Peak Oil als Chance
Peak Oil macht (vergleichsweise) schnelle Reaktionen nötig. Dabei zeigt uns der Höhepunkt der Erdölförderung eigentlich nur drastisch, was wir längst hätten tun sollen. Schließlich wissen wir seit langem, daß fossile Rohstoffe endlich sind und wir teilweise extrem verschwenderisch mit ihnen umgehen. Die Prozesse zu optimieren und Wirtschaft und Gesellschaft effizienter beim Ressourceneinsatz zu machen, bietet aber auch enorme Chancen: Denn wir verschwenden durch unsere Art zu Wirtschaften nicht nur Energie und materielle Ressourcen, wir verschwenden auch unsere eigene Lebenszeit, wenn wir Dinge so produzieren, daß sie schnell kaputtgehen und möglichst schnell erneut hergestellt werden müssen oder indem jeder dieselben Güter besitzen soll, statt Modelle zum Teilen zu entwerfen und anzuwenden. Energieeffizienz, CarSharing und modulare Baukastensysteme zeigen uns, wohin die Reise gehen kann und bieten uns die Chance, uns selbst mittels einer Reorganisation unserer Wirtschaftsweise mehr Freiheiten zu gewähren.
Nachtrag September 2009: Rebound-Effekt
Dass Energieeffizienz nur ein Baustein sein kann, muss hier noch erwähnt werden. Warum? Wegen des Rebound-Effekts.
Was bedeutet der Rebound-Effekt? Er besagt, daß jede Wirkungen Nach-Wirkungen nach sich zieht, die den ursprünglich
positiven Effekt neutralisieren oder gar in sein Gegenteil verkehren können. So führen große Einsparungen im Energie-Bereich dazu,
dass Energie billiger wird. Das folgt aus dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Wird Energie billiger, so ist es leicht, sie zu
verschwenden. Will sagen: Einsparungen beispielsweise im Bau-Bereich können zu Mehr-Verbrauch bei Haushaltsgeräten führen
oder im Verkehrs-Sektor oder in anderen Bereichen, in denen Energie verbraucht wird. Eine rein auf Effizienz ausgerichtete
Strategie wird also nur bedingt zum Erfolg führen, sie muss durch weitergehende Ansätze begleitet und verstärkt werden,
beispielsweise durch die bewusste Entscheidung zu mehr Genügsamkeit.