Zum Textbeginn springen . Zur Navigation springen .

Powerdown und kommunaler Leitfaden sowie ein paar Interessenskonflikte

Bereits 2010 fand in Österreich eine Veranstaltungsreihe statt, die ausgehend vom Problemzwilling Peak Oil und Klimawandel Anpassungsstrategien diskutierte. Jetzt ist der Endbericht veröffentlicht worden, zusammen mit einem Leitfaden, der Argumente und Handlungsfelder umreißt. Ausgehend von Gedanken aus dem Transition-Umfeld, die lokale Ebene zu bearbeiten, wird versucht, die Handlungsmöglichkeiten von Kommunen aufzuzeigen. Deutlich gemacht wird, dass Peak Oil, Peak Gas und Peak Coal nicht allein durch erneuerbare Energien angegangen werden können, sondern Anpassungen beispielsweise auch in den Siedlungsstrategien, der Ausgestaltung der Mobilität und der Wirtschaft notwendig sind. Ganz klar: Diese umfassende Sichtweise wirkt leicht überfordernd, macht aber zugleich nochmal deutlich, wie breit die betroffenen Felder sind. Das Papier zeigt, dass Peak Oil nicht durch einen einzelnen Handlungsansatz "lösbar" ist, sondern viele miteinander vernetzte Felder bedacht und bearbeitet werden müssen. Resilienz und Regionalisierung spielen eine große Rolle.

Beispiel für Nicht-Verstehen oder Nicht-Verstehen wollen

Das Institut für Wärme- und Öltechnik e.V. (IWO) bläst zur Entwarnung: "Erdölreserven größer als je zuvor - Fördermaximum noch lange nicht erreicht". Die Pressemitteilung ist ein typisches Beispiel für das Nicht-Verständnis (oder Nicht-Verstehen-Wollen) des Peak-Prinzips. Einerseits feiern die Autoren den Anstieg der Ölreserven, die 2011 von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) auf 217 Milliarden Tonnen kalkuliert werden, andererseits werden - wie so oft - im Boden lagernde Reserven und ihre statische Reichweite als Argument genutzt, um einer Diskussion um die Fördergeschwindigkeit aus dem Weg zu gehen. Zum einen schreibt die BGR in ihrer Kurzstudie 2011:

In der vorliegenden Studie werden zur besseren Darstellung des gesamten Potenzials erstmals die Reserven und Ressourcen des konventionellen und des nicht-konventionellen Erdöls (Ölsande und Schwerstöle) gemeinsam dargestellt (Tab. 6). Bei der Datendarstellung führt dies zu einem scheinbaren Anstieg der Werte für Reserven und Ressourcen.

(Hervorhebungen von mir)

Die BGR hat also in 2011 erstmals (!) konventionell und unkonventionell förderbare Ölreserven zusammengefasst, was zu einem "scheinbaren Anstieg der Werte" führte. Die Besonderheit unkonventioneller Reserven, sehr viel aufwändiger und teurer in der Förderung zu sein, wird aus der Gesamtzahl von 217 Milliarden Tonnen also nicht deutlich. Dass Erdöl also schon allein aufgrund der sich erschöpfenden leicht zugänglichen Förderstellen teurer werden muss, weil der Förderaufwand steigt, ist natürlich kein ausreichendes Argument dafür, dass uns "bald das Erdöl ausgeht". Doch von ausgehendem Erdöl spricht man auch nicht, wenn man von Peak Oil spricht. Peak Oil bedeutet, dass die Fördergeschwindigkeit sich nur noch begrenzt steigern läßt oder gar zurückgeht - wie das in Europa seit 1996 der Fall ist. Für Peak Oil sind also gar nicht die im Boden lagernden Mengen wichtig, sondern die Frage, mit welcher Geschwindigkeit diese aus dem Boden geholt und an die Tankstellen, in die Chemieindustrie und zu den Verbrauchern geschafft werden können. Wenn also weiter steigender Bedarf nach Öl entsteht, wie es die Meldung des Instituts für Wärme- und Öltechnik e.V. für problemlos denkbar hält, kann dieser logischerweise nur gedeckt werden, wenn die Förderung diesen Zusatzbedarf befriedigen kann. Genau das ist, was aus dem Blickwinkel eines Fördermaximums (=Peak Oil) infrage steht. Wenn das zitierte Papier des BGR gelesen worden wäre, hätte man auch folgenden Satz gefunden:

Erdöl ist der einzige nicht erneuerbare Energierohstoff, bei dem in den kommenden Jahrzehnten eine steigende Nachfrage nicht mehr gedeckt werden kann.

Sowie:

Nach dieser Projektion ist unter den derzeitigen geologischen und technischen Rahmenbedingungen eine moderate Steigerung der weltweiten Produktion bis maximal 2036 möglich.

Moderate (!) Steigerung der weltweiten Fördergeschwindigkeit also maximal bis 2036 möglich. 23 Jahre von heute gezählt. Fördermaximum "noch lange nicht" erreicht?

Das offenbar interessengeleitete Institut vergleicht also Äpfel (im Boden lagernde Reserven) mit Birnen (die Fördergeschwindigkeit) und leitet daraus die fröhliche Aussage ab: "Realistisch betrachtet werde die Energiewende nur mit Öl gelingen."

Die Mitglieder des IWO sind die Unternehmen der Mineralölindustrie, des Mineralölaußen- und -großhandels sowie der Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen e.V. (UNITI). (aus: über IWO)

Den Mitgliedern des Instituts ist angeraten, die fachliche Eignung des Institutspersonals zu überprüfen...

Uni Texas ruft Fracking-Studie zurück

Interessensprobleme hatte kürzlich auch die Universität von Texas. Der Autor einer Studie über die Ungefährlichkeit von Fracking für das Trinkwasser war - hoppla - nebenbei Gehaltsempfänger der Ölindustrie. Die Studie wurde kritisch beleuchtet und nun von der Webseite der Uni entfernt worden.

Diesen Eintrag kommentieren:

* Hinweis: Dieses Formular speichert Name, E-Mail und Inhalt, damit wir den Ueberblick ueber auf dieser Webseite veroeffentlichte Kommentare behalten. Fuer detaillierte Informationen, wo, wie und warum wir deine Daten speichern, welche Loesch- und Auskunftsrechte Du hast - wirf bitte einen Blick in unsere Datenschutzerklaerung.