Die Ölpreise haben heute um über 3% nachgegeben, die nordamerikanische Sorte WTI wird wieder unter 100 Dollar gehandelt, die europäische Marke Brent unter 110 Dollar. Hintergrund ist, dass der drittgrößte Ölverbraucher Japan (4,5 Millionen Barrel täglich) vorerst weniger Öl verbrauchen wird. Gut möglich, dass die Finanzmärkte hier eine Wirtschaftskrise in Japan vorweg nehmen.
Erdbeben, Tsunami und Atomkatastrophe haben die japanische Bevölkerung und die Infrastrukturen hart getroffen. Menschen, die zugleich auch Mitarbeiter von Unternehmen sind, kamen ums Leben, Häfen, Schiffe, Straßen, Fahrzeuge und Unternehmen wurden zerstört, Stromausfälle drohen. Für einer hochgradig arbeitsteilig organisierten Wirtschaftsstruktur können diese Entwicklungen massiv durchschlagen. Wenn Wertschöpfungsketten reißen liegen nicht nur die direkt betroffenen Unternehmen still, auch die in den Ketten verbundenen Unternehmen könnten ihre Produktion einstellen. Von Nachfrageausfällen durch verändertes Konsumverhalten ganz zu schweigen. Zwar wird ein Wiederaufbau viele Arbeitskräfte benötigen, doch Finanzierungsfragen müssen ebenso geklärt werden wie mögliche Prioritäten: Wenn Japan große Kräfte in den Aufbau von Häusern und Straßen schickt, bleiben dann genügend Arbeitskräfte, um den Exportsektor zu bestücken?
Auf Exporte ist Japan stark angewiesen, da das Land Geld für den Import insbesondere von Energierohstoffen benötigt. Laut SZ importiert Japan 96% seines Energiebedarfs, Öl macht mit 47% den größten Posten vor Kohle (21%) und Erdgas (16%) aus. Eine Wirtschaftskrise würde diese Importposten verringern. Diese vermutete Nachfrageverringerung preisen die Märkte derzeit ein. Doch könnte der Trend sich umkehren, wenn Atomkraftwerke keinen Strom mehr liefern. Dann könnten dieselbetriebene (Notstrom-)Generatoren deren Rolle übernehmen und damit die Nachfrage nach Öl steigern.
Währenddessen zeichnet sich im arabischen Raum der nächste Konflikt ab. Saudi Arabien ist der größte weltweite Öllieferant und eines jener Länder, die den Peak Oil noch vor sich haben. Im kleinen Nachbarland Bahrein kommt es derzeit zu Konflikten zwischen Monarchie und Bürgern, was zugleich ein Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten ist. Letztlich, so schreibt der Spiegel, handelt es sich auf einer größeren Ebene auch um die Spannung zwischen Iran und Saudi Arabien, die beide um Einfluss in der Region kämpfen. Saudi Arabien hat nun Truppen nach Bahrein gesendet, offiziell um Energie- und Lebensmittelversorgung zu sichern.
Das Beispiel zeigt, dass nach Tunesien, Ägypten und Libyen die politische Unruhe in Nordafrika und dem arabischen Raum zunimmt. Der arabische Raum ist einer der Hauptlieferanten und mit Saudi Arabien der "Swing Producer" der Öl-Welt. Instabilitäten in der Region führen zu Instabilitäten bei der Erdölversorgung und zu großen Schwankungen des Ölpreises. Wo heute mit Verweis auf Japan der Preis noch rasant nach unten geht, kann es morgen schon mit Verweis auf Bahrein und Saudi Arabien wieder nach oben gehen.
Ausgehend von den Ereignissen in Japan steht die Diskussion um die Energieversorgung erneut grundlegend im Raum. An den Aktienmärkten verloren Atom-Versorger massiv an Wert, während Hersteller von Infrastrukturen für Erneuerbare Energien massiv zulegten. Der Spiegel ruft in seinem neuen Heft "Das Ende des Atomzeitalters" aus und nur wenige Medien widersprechen dieser Aussage. Das Peak-Oil-Problem wird in der medialen Diskussion bislang noch überhaupt nicht einbezogen, oder nur punktuell am Rande (TheEuropean 1 + 2, derStandard). Trotzdem kommt die Diskussion in Gang, auch wenn nur wenige Peak Oil explizit ansprechen, so wird die Abhängigkeit von Lieferanten hier und da angesprochen, z.B. von Friedbert Pflüger (CDU) im Spiegel. Er plädiert für Erdgas als Übergangstechnologie und macht damit eine Debatte auf, die künftig die Diskussion bestimmen dürfte.