In den USA gewinnt derzeit eine Debatte an Fahrt, die sich mit den Ölpreissteigerungen von 2008 befasst. Sie wurde ausgelöst durch eine Liste an Namen von Investoren, die zum 30. Juni 2008 stark in Öl-Investments investiert waren. An diesem Tag stand der Ölpreis bei etwa 140 US-Dollar und stieg in den Tagen darauf auf sein Allzeithoch von 147 Dollar, bevor ein tiefer Fall auf etwa 40 Dollar in den Monaten darauf einsetzte. Kern der Debatte ist, dass Öl und handelbare Kontrakte auf Öl von Institutionen gehandelt werden, die Öl weder nutzen noch produzieren oder verbrauchen. Zu den 219 aufgeführten Händlern gehören insbesondere Banken, aber auch Hedge Fonds und Pensions-Fonds, wie Goldman Sachs, Morgan Stanley, aber auch die Yale Universität und bekannte Einzelpersonen. Aber auch "echte" Ölhändler spielten mit, wie BP oder Delta Air Lines.
Nun ist es aufgrund des Aufbaus unseres Finanz- und Börsensystems weder ungewöhnlich, dass mit Rohstoffen und Zertifikaten auf Rohstoffen gehandelt wird, ohne dass diese Rohstoffe im Unternehmensbereich überhaupt genutzt werden. Wetten auf einen Ölpreisanstieg oder auf einen Ölpreissturz kann jeder an den Börsen kaufen. Neu ist, dass anhand des Rohstoffs Öl diskutiert wird, wie sinnvoll diese Möglichkeiten sind und Bezug genommen wird zu den Auswirkungen auf die Realwirtschaft.
Im Sommer 2008 und auch heute noch gibt es viele Stimmen, die den Ölpreisanstieg der vergangenen Jahre hauptsächlich auf Spekulationen und weniger auf echte Knappheit/Verfügbarkeit am Markt verantwortlich machen. Es darf als sicher angesehen werden, dass Spekulationen mit dem Rohstoff einen hohen Anteil an dessen Preis ausmachen. Fakt ist aber auch: Es spekuliert sich einfacher, wenn der Markt "eng" ist, wenn also hohe Preisschwankungen vorhanden sind - denn gerissene Spekulanten schlagen dann den meisten Profit aus den schnelllebigen Preisänderungen.
Fakt ist zudem: Für den Käufer an der Zapfsäule und die ölverarbeitenden Unternehmen ist es nicht relevant, wie der Preis zustande kommt. Ist er hoch, muss viel gezahlt werden, ist er niedrig, dann eben nicht. Mit dem Erreichen des Ölfördergipfels (Peak Oil) ergeben sich für Spekulanten neue Möglichkeiten, da der Ölpreis stärkeren Schwankungen unterliegen dürfte, die durch Spekulationen verstärkt werden. Eine Lösung für dieses Problem ist auf Ebene der Finanzmärkte kaum zu erwarten: Genausowenig, wie die Politik eine härtere Gangart gegenüber den Banken in der Finanzkrise vermeidet, dürfte es kaum gelingen, global Spekulationen auf Rohstoffe zu verhindern. Die einzige Lösung besteht darin, die Nutzung des Rohstoffs Öl so schnell als möglich zu vermeiden.
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