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Postfossile Kultur

Wenn wir davon ausgehen, dass die menschliche Kultur von der Nutzung von fossilen Energiequellen mitgeprägt wurde, dann wird die Gesellschaft auch davon geprägt sein, wenn diese Energiequellen wieder versiegen. Was wir Lebenden also als "Aufstieg in die fossile Industriekultur" erlebt haben, wird irgendwann in einen "Umstieg in die postfossile Kultur" münden. Müssen.

Zukunfts-Kulturen sind schwer zu ersehen. Hin und wieder gelingt Einzelnen ein Blick in ihre Zukunft, so wie Aldous Huxley oder George Orwell oder Jule Verne. Nicht alle ihrer Visionen sind Wirklichkeit geworden. Bei manchen könnte man sagen "zum Glück", bei anderen vielleicht "schade eigentlich". Auffällig ist die Unterschiedlichkeit der Kulturen, die Huxley beispielsweise in "Schöne Neue Welt" sowie in "Eiland" beschreibt. Ein Mann, geprägt durch jene Kultur, die ihn sein Leben lang durchdrungen hat, schafft es zwei völlig voneinander verschiedene Zukunftskulturen zu denken, die bei grober Betrachung durchaus gleich wahrscheinlich sind. Erkenntnis: Zukunft ist nicht vorgegeben, die "dort" existierenden Kulturen ebensowenig.

Wenn wir davon ausgehen, dass wir am Gipfel der globalen Ölförderung angelegt sind (plusminus 10 Jahre spielen in einer seit 150 Jahren anhaltenden Phase keine so große Rolle), ist auch die Frage interessant, welche kulturellen Auswirkungen dies haben wird. Eine interessante Auswirkung ist heute bei SPIEGEL ONLINE zu beobachten:

Dies ist der Auftakt zum neuen SPIEGEL-ONLINE-Blog "Eurovisionen". Ab sofort lesen Sie hier regelmäßig darüber, wie Europäer den Weg aus der Krise suchen, was sich in EU und Euro-Zone verändert und welche Visionen für die Zukunft des Kontinents es gibt.

... steht unter einem Artikel, der mit "Wir brauchen keine fünf Fernseher mehr" betitelt ist. Der SPIEGEL macht Visionssuche!

Man kann darüber streiten, ob nun grade Visionen in der "EU und Euro-Zone" gesucht werden sollten und ob jene Krise, von der SPIEGEL-Autoren sprechen, dieselbe ist, von der auf diesem Blog die Rede ist; aber das Ansinnen als solches macht Freude. Visionen zu entwickeln von einer Gesellschaft nach "der Krise", nach dem Öl, mit funktionsfähiger Wirtschaft und möglichst unverletzlich gegen Katastrophen von planetarem Ausmaß ist einer der wichtigen Aspekte, die Rob Hopkins in seinem neuen Buch "Einfach. Jetzt. Machen!" benennt (im Original: the power of just doing stuff, übersetzt von Gerd Wessling). Die Notwendigkeit einer lebenswerten Vision zu entwickeln, ist die Anforderung, mit der Hopkins beginnt - um dann ein Buch lang zu zeigen, wie eine große Transformation bereits ihre Kultur-Meme vorausschickt. "Lokal und resilient" ist Robs Vision und schon im Transition Handbook (Energiewende - Das Handbuch) begründete er ausführlich, warum darauf seine Wahl fällt. Doch man muss seiner Vision nicht folgen, nur um zu erkennen: Damit eine Gesellschaft sich bewegt, hilft ihr ein Zukunfs-Bild, auf das sie sich zubewegen kann.

Wenn nun der SPIEGEL Visionssuche für Europa betreibt, bedeutet dies, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die heutige Kultur in Bewegung gerät. Wenn erst einmal andere Bilder möglicher Gesellschaften an Kontur gewinnen, wenn deren kulturelle Eigenheiten mit der heutigen Konsumkultur in einen Wettbewerb treten, dann werden neue Kultur-Inseln entstehen. Dass diese Inseln sich zuerst auf lokaler Ebene manifestieren werden, wo eine kritische Masse und kritische Dichte sozialer Strukturen sehr viel schneller erreicht wird, als im globalen Maßstab, ist wahrscheinlich. Das Subsidiaritätsprinzip Europas sollte diese Ebene besonders befördern: Subsidiarität besagt, dass eine Aufgabe soweit wie möglich von der unteren Ebene bzw. kleineren Einheit wahrgenommen werden sollte. Es deutet viel auf eine neue Bedeutung des Lokalen hin.

Ich gestehe: ich finde die Vision "lokal und resilient" sehr verführerisch. Sie vereint Leopold Kohrs Philosophie von der Bedeutung des Kleinen/Lokalen mit Erich Fromms Humanismus. Sie befriedigt den Wunsch nach Unabhängigkeit, denn was resilient ist, was widerstandsfähig ist, muss seine Abhängigkeiten klug reduzieren. Und sie nimmt logischerweise Rücksicht auf die Tatsache, dass wir den Tagesölverbrauch auf diesem Planeten nicht mehr nennenswert steigern können: kurze Wege angesichts eines ölgetriebenen Transportsystems ist deshalb nicht die schlechteste Idee.

Fakt ist: Der Ansatz der "Transition Towns", der Städte und Dörfer im Wandel, ist einer der wenigen Ansätze, der Menschen angesichts der G L O B A L E N Krisen handlungsfähig macht und hält. Und viele der Aspekte, die mit Transition in Verbindung gebracht werden, tauchen in den Krisenregionen offenbar als tauglicher Handlungsansatz von allein auf. Insofern scheint diese Transition-Kultur etwas hilfreiches zu beinhalten. Da es Teil dieser Kultur ist, Visionen zu formulieren um sich an ihnen zu orientieren, passiert Visionssuche bereits in vielen Orten der Welt - nämlich dort, wo Transition als "soziales Experiment" bereits angekommen ist. Wenn diese vielen lokalen Suchen nach neuen Bildern, neuen Wegen und neuen Formen des Daseins nun im SPIEGEL reflektiert werden, dürfen wir annehmen: postfossile Kultur voraus.

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Exxon-Chef Tillerson: Kein Fracking hinter meinem Grundstück

Die Fracking-Kritik bekommt unerwartete Unterstützung aus der Chef-Etage des größten US-Gasförderers ExxonMobil: Rex Tillerson, seines Zeichens CEO von Exxon, hat sich einer Klage angeschlossen, um die Vorbereitung von Hydraulic Fracturing ("Fracking") in der Nähe seines texanischen Grundstücks zu verhindern. Konkret geht es im ersten Schritt um den Bau eines Wasserturms, der die benötigten Wassermengen bereitstellen soll. Tillerson, so berichtet das WallStreetJournal, fürchtet um den Wert seines Grundstücks.

Da in Folge von Fracking-Aktivitäten mit hohen Verkehrsaufkommen durch schwere LKW sowie durch Lärm durch Aufbauten und das Fracking selbst zu rechnen ist, ist dies offenbar das Hauptargument für die Klage. Tillersons Anwalt betont, es gehe ihm um das spezielle Projekt, nicht um Fracking selbst. Das wäre nun auch sehr verwunderlich, sprach sich der Mann in seiner Rolle als oberster Shareholder der Firma ExxonMobil schon mehrfach für mehr Freiheiten bei den Umweltsauereien aus, die Fracking mit sich bringt. Nur wenn es darum geht, die schwerindustrielle Freiluft-Technologie im eigenen Hinterhof anzuwenden, kommen wohl Bedenken.

In Deutschland sprach sich kürzlich der CSU-Politiker Peter Ramsauer für Fracking aus. Es sollte zur politischen Bestandsprobe werden, ob die Technik auch im Großraum Traunstein eingesetzt werden darf.

Anderes:

“Der geplünderte Planet” – Reflektionen über den Bericht von Ugo Bardi an den Club of Rome

„Die Welt kann praktisch ohne natürliche Ressourcen auskommen“
(Robert Solow, Träger des “Wirtschaftsnobelpreises“)

„Die Anzeichen verdichten sich, dass es letztlich wohl die Energie und ihre Verfügbarkeit sein wird,
die uns Grenzen setzt“
(E. U. von Weizsäcker, Mitglied im IRP)

Das System „Gaia“

Die Vielfalt dessen, was unter der Erdoberfläche verborgen liegt, war den Menschen lange Zeit ein Mysterium. Logisch scheint es daher, dass Ugo Bardi seinen Bericht an den „Club of Rome“ (CoR), „Der geplünderte Planet – Die Zukunft des Menschen im Zeitalter schwindender Ressourcen“ mit einem Kapitel über die „Lebendigkeit“ der Erdsysteme beginnt. Der Begriff „Gaia“, ist ein Konzept, das unter anderem auf den Biologen und Ökosystemforscher James Lovelock zurückgeht. Bardi wählt ihn, um den globalen Rahmen als Einstieg in seine Ausführungen aufzuspannen. Dabei kann „Gaia“ als eine recht wage Vorstellung des „lebenden“ Systems des Planeten Erde gelten. Die Verzahnung der Kreisläufe einer vernetzten Ökosphäre jenes monumentalen Ausmaßes ist niemand in der Lage allumfassend zu beschreiben. Trotzdem lohnt der Blick auf „Gaia“, denn die ersichtlich negativen Phänomene eines anthropogenen Eingriffs sind kaum wiederlegbar.

Bardi hebt darauf an, dass der unheilvolle Eingriff des Menschen in jenes irdische Ökosystem untrennbar mit der neuzeitlich aufgekommenen Bergbauindustrie verbunden ist. Dabei geht für ihn jenes „Minenfieber“ auch mit dem Kahlschlag der knappen Ressourcen an Holz sowie mit der zunehmenden Nutzung und Verschmutzung des Wassers einher. Die Ausbeutung der Bodenschätze im industriellen Rahmen, ist für Bardi vor allem der großtechnischen Maschinennutzung, der wissenschaftlichen Exploration sowie der kommerziellen, chemischen Aufbereitung der Stoffe geschuldet.

Warum ist der Blick auf das Ökosystem Erde, der einzig sinnvolle Rahmen, die neuzeitlichen „Plünderungen“ der mineralischen Bodenschätze zu durchleuchten? Für Bardi, beginnt Verantwortung mit der Darlegung grundlegender Kreisläufe und Rückkopplungsprinzipien des metabolischen Systems Erde, wobei die komplexen Funktionsweisen für den Menschen weit davon entfernt sind, steuerbar oder berechenbar zu sein. Als fundamental stellt sich dabei heraus, dass alle explorierten, mineralischen Ablagerungen in der Erdkruste des Planeten, aus menschlichen Zeithorizonten betrachtet, nicht regenerierbar sind. Ihr Abbau sollte daher ein Mindestverständnis von Endlichkeit, Generationengerechtigkeit sowie ein vorsorgendes Maß an „Eingriffswissen“ beinhalten. An solch beschränkenden Tugenden mangelt es einer auf kurzfristigen Gewinn geeichten Rohstoffindustrie jedoch sehr stark. Im Auftakt seines Werkes schreibt Bardi unmissverständlich:

Die Minen, die wir heute ausbeuten, könnte man mit Fug und Recht ‚Gaias Gaben‘ nennen. Sie sind dem Menschen allerdings nur ein einziges Mal geschenkt worden… []. Die Phase des vom Menschen betrieben Bergbaus ist eine eindrucksvolle jedoch recht kurze Episode in der geologischen Geschichte des Planeten. Keines der Mineralien, die wir so großzügig überall fein verteilt haben, wird sich in einem Zeitraum der Größenordnung, die wir als menschliche Zivilisation als verbleibende Lebenszeit erwarten können, von neuem bilden…

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Studie: Peak Oil – Herausforderung für Thüringen

Am 05.02.2014 wurde die von der Landtagsfraktion Bündnis90/Die Grünen im Thüringer Landtag beauftragte Studie "Peak Oil - Herausforderung für Thüringen" in Erfurt vorgestellt. Die Studie ist insbesondere für Bewohner Thüringens interessant. Doch auch Nicht-Thüringer können sich anhand der Studie ein Bild machen, welche Bereiche in einem Bundesland von Peak-Oil-Dynamiken betroffen sein können. Als Beispiel sei die hohe Pendlerquote benannt, die in Thüringen herrscht.

Die Studie an dieser Stelle wiederzugeben ist wenig sinnvoll. Daher soll nur ein einzelner Ausschnitt gewählt werden. Die folgende tabellarische Gegenüberstellung wurde inspiriert durch den 2. Entwurf des Thüringer Landesentwicklungsplans (LEP 2025), der relativ häufig die Endlichkeit der Rohstoffe als Argument für nachhaltigere Entwicklungswege heranzieht. Allerdings trifft der Plan letztlich die Besonderheiten der Peak-Problematik nicht ausreichend. Daher habe ich mir erlaubt, mal die Konnotationen, die Untertöne und damit verbundenen Suggestionen der beiden Konzepte "endliche Rohstoffe" und "begrenzte Fördergeschwindigkeiten" gegenüberzustellen. Je nachdem, ob man einen sozioökonomischen Organismus wie Thüringen aus dem Blickwinkel betrachtet "die Rohstoffe sind endlich" oder aus dem Blickwinkel "es gibt begrenzte Rohstoff-Fördergeschwindigkeiten" schwingen andere Untertöne mit, die letztlich zu anderen Haltungen dem Problem gegenüber führen.

Die Tabelle ist der Studie auf Seite 43 entnommen, im Kapitel über den Landesentwicklungsplan Thüringens:

Endlichkeit der Rohstoffe

Begrenzte Fördergeschwindigkeiten (Peak-Problem)

Probleme tauchen erst auf, wenn das Ende der Rohstoffe erreicht ist.

Probleme tauchen schon bei Annäherung an das Fördermaximum auf

Es bleibt viel Zeit bis zur Problemlösung (teilweise mehr als 100 Jahre).

Es bleibt sehr viel weniger Zeit bis zur Problemlösung. Akute Probleme können auftauchen.

Die Probleme tauchen dann abrupt auf.

Die Probleme entwickeln sich schleichend schon im Vorfeld.

Bis dahin werden wir technische Lösungen gefunden haben.

Sich auf ungewisse neue technische Lösungen zu verlassen kann gefährlich sein.

Nach dem Ende der Rohstoffe haben wir ein System, das funktioniert. Punkt.

Der Transformationsprozess ist ungewiss, auch weil die Probleme mit dem Überschreiten des Fördermaximums stärker werden.

Wir müssen nur das Energiesystem umbauen.

Wir müssen auch Umbauten an den Systemen vorsehen, die mit dem Energiesystem verbunden sind.

Wir können bis dahin mit den bekannten Paradigmen weiterarbeiten.

Wir müssen prüfen, ob unsere historisch erfahrenen Paradigmen noch gültig und hilfreich sind.

Wir haben es mit einem linearen Problem zu tun.

Wir haben es mit einem non-linearen Problem zu tun.

Tabelle 2: Unterschiedliche Suggestionen der und Schlussfolgerungen aus den Konzepten „Endlichkeit der Rohstoffe“ und „begrenzte Fördergeschwindigkeiten“

Studie: Peak Oil - Herausforderungen für Thüringen

Um die Diskussion über die Problemstellungen rund um Peak Oil anzuregen, freut mich eine weite Verteilung und konstruktive Diskussion der Studie und ihrer Inhalte.


Pressereaktionen:

Massive Kostensteigerungen in der Ölindustrie

Man könnte meinen, das Öl- und Gasgeschäft müßte höchstlukrativ sein, seitdem sich die Ölpreise binnen weniger Jahre fast verfünffacht haben. Doch wird erwartet, dass selbst höchste Milliardengewinne von Jahr zu Jahr gesteigert werden, damit das Geschäft "zufriedenstellend" verläuft. Genau dieses weitere Gewinnwachstum haben die großen privaten Ölkonzerne aber 2013 nicht hingekriegt. Shell hatte nur 12 Milliarden US$ zum Silvesterfest übrig, Chevron nur 21 Milliarden, Exxon keine 9 Milliarden. BP sagt uns morgen, wie der Laden läuft. Für den Normalverdiener klingt das nach immensen Summen und zweifellos sind sie das auch. Aber da die Ölpreise 2013 fast genauso hoch waren wie 2012, muss den Konzernen das Geld irgendwo aus den Fingern geronnen sein.

Das WallStreetJournal hat einen längeren, sehr aufschlussreichen Artikel namens: "Explodierende Kosten bringen Ölriesen in Erklärungsnot". Demnach haben Chevron, Exxon und Shell in 2013 zusammen 120 Milliarden US$ ausgegeben, "um ihren Ausstoß an Erdöl und Erdgas zu erhöhen". In den vergangenen 5 Jahren hat diese Truppe eine halbe Billion US$ sprichwörtlich in der Erdkruste versenkt, um ... um dennoch eine weiterhin rückläufige Öl- und Gasförderung zu verzeichnen.

Die Ansprüche sind hoch. Chevron will bis 2017 seine Fördermengen um 25% steigern. Dafür hat das Unternehmen 2013 42 Milliarden US$ in die Hand genommen, ungefähr genausoviel wie Exxon und Shell. Dabei macht Chevron nur etwa halbsoviel Umsatz wie die beiden anderen. 2014 sollen es wieder 40 Milliarden sein, was die US-Wertpapieraufsicht auf den Plan rief. Laut WallStreetJournal befürchten die Aktienaufseher, weiter steigende Ausgabenpläne können die Liquidität des Unternehmens angreifen. Das wäre der finanzielle Supergau: Eines der Mega-Unternehmen der fossilen Branche steuert mangels Bargeld der Zahlungsunfähigkeit zu.

Damit es dahin nicht kommt, sortieren die Unternehmen sich um. Das allerdings macht aus Peak-Oil-Gesichtspunkten Stirnrunzeln. Wenn die Ölkonzerne Projekte auf Eis legen, weil sie sich nicht finanzieren können oder wollen, weil sie zu unsicher oder zu teuer sind: Woher kommen dann die 4 Saudi Arabiens, die wir bis 2030 finden müssen, damit wir den Peak Oil vor uns herschieben können? Wir kennen inzwischen Stichworte wie Shtokman oder Kashagan, Öl- und Gasprojekte die teils Jahre über dem Zeitplan liegen oder an denen nicht weitergearbeitet wird und Milliarden verschlungen haben. Shell trennt sich von Nordseeölfeldern und legt Gasverflüssigungspläne auf Eis und investiert stattdessen in eine - wie es beim WSJ heißt - "bisher nicht erprobte Technologie" eines schwimmenden Gas-Fördertankers. Statoil legt die Hoffnungen so mancher Grönländer ad acta, und zieht sich aus Explorationsvorhaben aus West-Grönland zurück: Um Ausgaben zurückzufahren.

Wenn die privat organisierten Ölkonzerne ihre Ausgaben zurückfahren, sich von Projekten zurückziehen, sich masslos verschätzen in den Kosten und den Zeitplänen für einzelne Mega-Projekte: Wann soll denn da bittschön die globale Ölförderung weiter steigen? Wenn das ein zeitlich befristeter Rückzug sein soll, damit die Ölingenieure mal in sich gehen können, sich sammeln; um dann mit neu sortierten und ausgeruhten Kräften neue Ölfelder auf diesem Planeten suchen zu gehen - dann bestünde ja Aussicht auf spätere Öl-Hochs. Doch tatsächlich legen die Konzerne just in jenen Zeiten so manches Projekt beiseite, in denen sie die höchsten Umsätze und höchsten Gewinne ihres Geschäftslebens machen.

Peak Oil? Voraus.

 

 

iea - oil production in absence of investment

Abbild 14.6: Ölförderung die wir von allen derzeit beförderten Ölfeldern beobachten würden, wenn es keine weiteren Investitionen gäbe. World Energy Outlook 2013 der Internationalen Energieagentur, S. 470

 

 


Nachrichtlich:

Energiewende, Phase II: Überschussstrom umwandeln

Am 31. Januar stellten die Professoren Leiter, Schüth und Wagemann ein Diskussionspapier auf der Webseite der Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V. (DECHEMA) online, zu dessen Diskussion ich hiermit beitragen und auffordern will. Es heißt:

Diskussionspapier - Überschussstrom nutzbar machen: Optionen

Darin verweisen die Autoren darauf, dass der Ausbau für die Erzeugungssysteme von Strom aus erneuerbaren Energiequellen bis 2020 beim Doppelten des Bedarfs liegen dürfte. Sie schlagen daher vor, die Verbindung zwischen dem Strom-System und der Chemie intensiver ins Auge zu fassen und benennen 4, nach Exergie-Gesichtspunkten geordnete, Nutzungsstufen:

  1. Strom direkt als Strom nutzen
  2. Strom zu Wasserstoff und dessen direkte Nutzung
  3. Chemische Speicherung von Wasserstoff
  4. Rückverstromung

Da elektrischer Strom ein sehr "flüchtiges Element" ist, was im selben Moment genutzt werden muss in dem es verfügbar gemacht wird (Strom hat keine "Eigenspeicherfähigkeit"), stellt sich für ein auf erneubaren Energiequellen basierendes Energieversorgungssystem die Frage, wie mit Überschussstrom umgegangen wird (wenn also mehr Strom verfügbar ist als in dem Moment von sämtlichen Energieverbrauchern abgenommen wird) und wie sich die Energie vom Sommer in den Winter transferieren läßt. Abgesehen von allen (kurzsichtigen) Kosten-Diskussionen um die Energiewende liegt hier die zentrale Frage: Wie bekommen wir Energie aus energiereichen Zeiten in energiearme Zeiten transferiert? Die Autoren schlagen vor, den Strom zur Bereitstellung chemischer Substanzen einzusetzen und die Energie sozusagen in besonderen chemischen Verbindungen zu speichern.

Sie leiten daraus eine engere Verbindung zwischen chemieverabreitendem System und Energieversorgungssystem ab, fordern verstärkte Forschung in diesem Bereich und appellieren an die Politik, verläßliche Rahmenbedingungen zu schaffen. All diesen Forderungen schließe ich mich hiermit (als Nicht-Chemiker) ausdrücklich an.

Ich möchte die Diskussion um einen weiteren Aspekt anreichern. Im Herbst schrieb ich für die ENFO AG ein Papier zum Thema Methanisierung auf lokaler Ebene. Das Konzept der "Chemisierung" von Überschussstrom ließe sich prinzipiell in jeder Kommune anwenden, um eine lokale Struktur aufzubauen, die Sommerenergie in den Winter transferiert und Strom zur Anwendung im Wärme- und Transportbereich umzuwandeln. Dabei habe ich mich in folgendem Dokument von der Frage leiten lassen, wie ein lokales Energieversorgungs(sub)system gebaut sein sollte, wenn man "die Energiewende vom Ende her denkt". Das "Ende der Energiewende" wäre demnach jener Zeitpunkt, bei dem keinerlei (nuklear-)fossile Energieträger mehr genutzt werden. Die Methanisierung, die die o.g. Autoren ebenfalls vorschlagen und zu deren Umsetzung Kohlenstoff notwendig ist, müßte sich demnach mit lokal verfügbaren Kohlenstoffquellen zufrieden geben, um das natürliche System nicht zu übernutzen. Dazu bedarf es aus meiner Sicht eine Zwischenspeicherung von Kohlenstoff sowie eine auf Nachhaltigkeit ausgelegte Nutzung der lokalen nachwachsenden Biomasseerträge. Ich habe diesen Ansatz um ökonomische Möglichkeiten zur Nutzung erweitert und das Papier daher genannt:

Als Wirtschaftler interessiert mich dabei insbesondere die Verbindung zum Transportwesen und die Option, eine lokale Chemieindustrie aufzubauen.

Prof. Bertau von der Uni Freiberg schlug kürzlich im Interview mit dem MDR Figaro in eine ähnliche Kerbe, in der er Methanol als idealen Speicher aber auch als Grundinput für die chemische Industrie ansprach - eine Substanz auf die auch die DECHEMA-Autoren eingehen. Über Methanisierung als "Perspektive für eine Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien" denken auch Beckmal et.al. (TU Dresden) nach.

Da es in der öffentlichen Debatte um die nächste Phase der Energiewende Exergiewende gehen sollte und nicht nur die Strompreise im Vordergrund stehen sollten, ist diese Diskussion dringend notwendig. Sie eröffnet hoffentlich einen "Ausgang" aus dem Im-Kreise-Drehen zwischen Politik und Vertretern der fossilen Versorgungsvorstellungen, denn sie verbindet die Nutzung von EE-Erzeugungsanlagen mit dem bestehendem, vielfach auf (Erd-)Gas beruhenden Energiesystem. Hier liegt die Chance, die Energiewende von der Konzentration auf die Erzeugungs-Anlagen hin zu einer Aufwertung der Speicher- und Umwandlungsanlagen weiterzuentwickeln.

Die andere Seite des Peaks: Italiens Kollaps des Öl- und Gasverbrauchs

 

Ölverbrauch Italien

Italiens Peak Oil ist angekommen: Aus dem Blickwinkel des Ölkonsums sind wir zurück in 1967. Alle Daten in diesem Artikel stammen aus dem BP statistical review bis 2012, sowie aus verschiedenen Quellen für die 2013er Zahlen

Manchmal sieht Peak Oil wie ein intellektuelles Spiel aus, das Menschen weiterspielen indem sie debattieren, ob er erreicht wurde oder nicht. Doch der Punkt mit dem Öl ist nicht, wieviel davon irgendwo gefördert wurde, sondern wieviel man sich leisten kann, um es zu benutzen. Zumindest für Italien ist das Maximum des Ölverbrauchs bereits eingetreten, wie man in obiger Darstellung sehen kann. Es ist eindrucksvoll: Der Verbrauch ging um mehr als 30% binnen 10 Jahren zurück. Heute sind wir wieder beim Niveau von 1967. In 1967 war die italienische Bevölkerung 50 Millionen Menschen groß, gut 10 Millionen weniger als heute. Wir haben die andere Seite des Peaks tatsächlich erreicht und wir sehen kein Ende des Abstiegs. (mehr …)

Shell im Umbau: Schwimmende Gasfabrik geplant

Der Ölkonzern Shell macht derzeit mit verschiedenen Meldungen auf sich aufmerksam:

Sieht so der Umbau eines Ölkonzerns in Zeiten des globalen Ölfördermaximums aus? (mehr …)