In der gestrigen Debatte um die US-Präsidentschaft hat Mitt Romney auf die Frage nach den Wirtschaftskonzepten fünf Punkte genannt, wobei Punkt Nummer 1 (!) auf die "Energieunabhängigkeit" Nord-Amerikas abzielt (3:55). 4 Millionen Jobs sollen laut Romney dadurch geschaffen werden. Ins Detail ging der Präsidentschaftskandidat dabei nicht. Es steht aber zu vermuten, dass er mit dieser Strategie nicht den Aufbau von Energieerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien ins Auge fasst, sondern den Ausbau der Förderung fossiler Energien. "Fracking" ist die Wundertechnik, die da durchklingt und mit deren Hilfe in der Tat der Abfall der US-Förderraten seit den 1970ern umgekehrt werden konnte. Dass Fracking 4 Millionen Jobs schafft, ist durchaus vorstellbar, schließlich ist diese Technologie sehr arbeits- aber auch energieintensiv. Möglich wurde die Technologie erst, nachdem die Umweltauflagen 2005 unter Bush/Cheney im Rahmen des "Halliburton Loophole" gelockert wurden und Fracking aus dem Safe Drinking Water Act herausgenommen wurden. Dies führt dazu, dass Diesel als Frack-Flüssigkeit eingesetzt wird und sich teilweise im Grundwasser wiederfindet. Auch Obama will "boost american energy production" (6:19) und spricht die zunehmende Ausbeute von Öl und Erdgas an. Obama verweist im Anschluss explizit auf die Notwendigkeit, die Energieerzeugung der Zukunft zu betrachten: Solar, Wind, Biotreibstoffe. Die Antwort von Romney folgt prompt: Unter Obama seien die Preise für Treibstoffe, Strom und Lebensmittel angestiegen (8:19). Dass die Förderung von Öl und Gas zunimmt, sei nicht Obama zuzurechnen, sondern dies sei trotz seiner Politik geschehen. (9:26) Romney werde sich als Präsident bemühen, Öl von Alaska und aus der Offshore-Förderung nutzbar zu machen - und zielt dabei auf Umweltauflagen nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko und den zögerlichen Ausbau der Ölpipelines nach Norden ab. "And by the way: I like coal", genauer "clean coal", was als Synonym für Kohleverbrennung mit CO2-Abscheidung genutzt wird.
Damit befassen sich die ersten 10 Minuten der anderhalbstündigen Debatte extrem stark mit Energie-Themen, neben Fragen zur Bildung und - natürlich - Steuern.
Weitere News: (mehr …)
Frankreich verbietet Fracking, Obama will schneller bohren, Spekulanten gehen an den Start
Dass die Förderung unkonventioneller Erdgas-Vorräte nicht unproblematisch ist, wurde schon an anderer Stelle erwähnt: Mit den Flüssigkeiten, die zum Aufbrechen der Lagerstätten in den Boden gepumpt werden, werden radioaktive Stoffe ausgespült und beim Verbrennen aber auch beim Fördern selbst gelangen Treibhaus-Gase in die Luft. Das französische Parlament hat jetzt den Abbau unkonventioneller Erdgas-Reserven faktisch untersagt, berichtet heise.de.
US-Präsident Barack Obama wiederum beugt sich dem Druck der steigenden Spritpreise und will die Förderung von Öl und Gas beschleunigen. Dazu soll ein bislang als "nationale Erdölreserve" gehaltenes Reservoir in Alaska angezapft werden, die Förderung auf staatlichem Grund erleichert werden, sowie Förderrechte im Meer (Golf von Mexiko, Arktisches Meer, Atlantikküste) überprüft, verlängert oder neu vergeben werden. Zudem will man die Ölkonzerne ermuntern, bestehende Reserven schneller zu erschließen und auszubeuten. Das alles darf man bei SPIEGEL-Online nachlesen, den Bogen zur Endlichkeit der Rohstoffe läßt der Artikel jedoch leider vermissen...
Ebenfalls im SPIEGEL aber eher versteckt findet sich ein Hinweis, dass die große Finanzwelt zunehmend ins Ölgeschäft einsteigt. In einem Artikel über den US-Spekulanten John Paulson und dessen neuesten Deal mit der Deutschen Bank wird auch beschrieben, worum es in diesem Deal geht: Paulson spekuliert darauf, dass der Öl- und der Goldpreis zusammen steigen, die Deutsche Bank tritt als Vermittler des Geschäfts auf. Auf Paulsons Betreiben wurden wohl im Vorfeld der Finanzkrise 2007/2008 jene "Finanzprodukte" gestrickt (CDO), die einen großen Anteil am rasanten Platzen der US-Immobilienblase hatten. Paulson wettete auf ein Platzen dieser Blase, gewann diese Wette und gilt seitdem in einschlägigen Kreisen als "Superstar". Sein Einsatz bei diesem neuen Deal liegt laut SPIEGEL "bei über einer Milliarde Dollar", was ja sehr viel Spielraum nach oben läßt. Keine kleine Summe jedenfalls - für eine Wette auf Peak Oil...
Und noch der Hinweis auf einen interessanten Artikel von Steffen Bukold von EnergyComment in "Internationale Politik" über 7 Thesen, Wahrheiten und Irrtümer über ERDÖL.
15.05.2011 (Norbert Rost) Kategorie: Allgemein, Presseschau · Tags: Alaska, Barack Obama, Deutsche Bank, Energycomment, fracking, Frankreich, Golf von Mexiko, John Paulson, Steffen Bukold · Kommentieren »