Wie vor allem die österreichische (Die Presse, Wirtschaftsblatt.at) und Schweizer Presse (Handelszeitung) meldet, arbeiten die russischen Behörden daran, den Verkauf von Öl und Gas ins Ausland zunehmend in Rubel statt Dollar abzuwickeln. Diese Vorgabe soll nicht für privat geführte Firmen gelten, demnach für alle Unternehmen in überwiegendem Staatseigentum, zu welchem die großen Öl- und Gaskonzerne, insbesondere Gazprom gehören. Laut Presse besagt die Vorgabe, dass (zumindest im ersten Schritt) nicht zwingend der Kunde mit Rubel bezahlen muss, aber bei den Unternehmen Rubel eingehen sollen. Daraus folgt, dass bei einer Zahlung in Dollar oder Euro eine Bank als Zwischenhändler eintritt.
Der russische Staat kann somit zwei Stoßrichtungen verfolgen:
- Die öl- und gasexportierenden Staatsunternehmen müssen ihre Ausgaben primär in Rubel tätigen und treten somit im heimischen Markt als Nachfrager auf. Die so umgelenkte Kaufkraft dürfte mittelfristig dafür sorgen, dass mehr Kaufkraft im Land bleibt und damit Lieferanten mit entsprechendem KnowHow in Russland entstehen bzw. wachsen. Die Nachfrage nach Rubel steigt, was insbesondere der aktuell anhaltenden Rubel-Flucht entgegenwirken dürfte: Mussten Rubel-Besitzer Ende 2013 noch 32 bis 33 Rubel für einen Dollar zahlen, waren jüngst 35 bis 36 Rubel zu zahlen.
- Da offenbar ein Währungsgeschäft zwischen der Ausgabe des Öl- und Gaskäufers und der Einnahme auf Seiten des Öl- und Gaslieferanten liegt, kann die dazwischengeschaltete (Staats-?)Bank Devisen-Einnahmen verzeichnen. Angesichts des aktuellen Abflusses von Devisenreserven der russischen Zentralbank kann dieses Manöver für frischen Devisen-Zufluss sorgen.
Man kann diese Entwicklung als Zeichen der Schwäche werten, bei dem die russischen Behörden versuchen, den europäisch-amerikanischen Sanktionen zu begegnen. Man kann sie aber auch in Zusammenhang mit einer grundlegenden Neuorientierung im Bereich der Energie- und Wirtschaftspolitik sehen, zu der folgende Entwicklungen dazugehören:
- Die US-Kreditkartenfirmen MasterCard und Visa müssen ab 1. Juli 2 Tagesumsätze als Sicherheit bei der russischen Zentralbank hinterlegen
- Russland plant ein eigenes Kreditkartenzahlungssystem, Zeithorizont: 6 Monate
- Die Zusammenarbeit zwischen Russland und China nimmt zu, es gibt Pläne, nach denen beide Länder bei gegenseitigen Geschäften auf ihre jeweils nationalen Währungen zurückgreifen sollten (am 20. Mai ist Putin in Shanghai)
- Gazprom gibt "symbolische" Anleihen aus, die auf chinesische Yuan lauten
Die Verknüpfung zu China ist insofern bedeutsam, als dass China seit längerem Öl- und Gasgeschäfte auf Basis der eigenen Währung abwickelt. Daher ist schon hin und wieder vom "Petro-Yuan" als Gegenspieler des "Petro-Dollar" die Rede. FinancialSense.com verwies darauf, dass neben China auch Russland und Iran bereits Ölgeschäfte mittels der chinesischen Währung abgewickelt haben. Venezuela, Angola und der Sudan könnten folgen. Da China inzwischen die USA als größter Ölabnehmer Saudi Arabiens abgelöst hat, könnte diese Entwicklung auf Dauer auch die Wahl der Währung beeinflussen, die für solche Geschäfte genutzt wird und damit die Bedeutung des US-Dollars beeinflussen.
Kritiker dieser Entwicklung warnen vor den Risiken: So zeigte die 2007/2008 ausgelöste Finanzkrise, dass kleine Erschütterungen im Finanzsystem große Schockwellen auslösen können. Und aus Sicht Chinas gilt es die riesigen Dollar-Investitionen zu beachten, die im Laufe der letzten 25 Jahre angehäuft wurden und die bei einer Abwertung des US-Dollars dahinschmelzen würden.
Russland hat zumindest letzteres Problem nicht.
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