Im algerischen In Amenas nahe der libyschen Grenze hat ein islamistisches Kommando einen Standort des Ölkonzerns BP angegriffen und 8 Mitarbeiter des Ölkonzerns BP entführt. Laut SPIEGEL ONLINE wird der Überfall mit dem Militäreinsatz Frankreichs in Mali in Verbindung gebracht. Frankreich war sowohl Kolonialmacht Malis wie auch Algeriens.
Hervorzuheben an dem Konflikt ist die Verbindung zur Energieversorgung. Heutige Außenpolitik läßt sich kaum noch lesen und verstehen ohne diesen Aspekt. Der Überfall auf einen BP-Standort ist sicher nicht zufällig: Einerseits sind Angehörige westlicher Länder verstärkt in Öl- und Gasförderprojekten anzutreffen, andererseits werden auch die Strategen von Terrororganisationen zunehmend die Verletzlichkeit der westlichen Industrieländer im Bereich ihrer Energieversorgung verstehen und zu nutzen wissen. Wer ein Ölfeld in Algerien angreift, an dem ein westliches Unternehmen (mit)arbeitet, kann sich der Aufmerksamkeit sicher sein.
Das Eingreifen Frankreichs in Mali in dieser Woche hat ebenfalls mit Energieaspekten zu tun. Der französische Atomkonzern Areva fördert Uran in Malis Nachbarland Niger. In Mali selbst wurde ebenfalls Uran gefunden, Öl und Gas werden vermutet. Frankreichs Energieversorgung basiert massiv auf Atomstrom, dessen Brennstoff bekanntlich Uran ist. 78% der französischen Stromversorgung stammt aus Atomkraftwerken. (siehe wikipedia: Kernenergie in Frankreich) Ohne Zugang zu Uran hätte Frankreich ein massives Stromversorgungsproblem, ein Machtwechsel im Herzen Afrikas könnte die Lieferungen unsicher machen.
Weltweit entstehen und köcheln Konflikte mit Bezügen zu Energierohstoffen. Großbritannien und Argentinien bestreiten grade wieder einen Medienkrieg um die Falkland-Inseln, Japan drängte kürzlich chinesische Kampfflugzeuge aus dem Luftraum über den Senkaku-Inseln. In diesen Konflikt schaltet sich nun möglicherweise auch die USA ein, die offenbar Kampfflugzeuge und Soldaten auf Okinawa stationiert. Im Irak streiten sich Kurden und Zentralregierung um die Förderrechte und drohen sich mit Krieg, verganges Jahr stritten Nord- und Südsudan um Öl. Auch der Konflikt des Westens mit dem Iran ist ein Energiekonflikt, behauptet Iran doch seine Energieversorgung durch Atomstrom ausbauen zu wollen, während der Westen die (Neben-)Produktion von Atomwaffen befürchtet.
Erneut macht hier der Verweis auf die Bundeswehr-Studie Sinn, die mit Fortschreiten der Ölverknappung durch Peak Oil eine Neusortierung der internationalen Beziehungen und der Konfliktlinien beschreibt - entlang dem Ölverbrauch.
Anzeichen für Solarkriege gibt es bis jetzt nur zwischen China und Deutschland: Um Preise und Absatzmärkte.
Passend:
Frankreich verbietet Fracking, Obama will schneller bohren, Spekulanten gehen an den Start
Dass die Förderung unkonventioneller Erdgas-Vorräte nicht unproblematisch ist, wurde schon an anderer Stelle erwähnt: Mit den Flüssigkeiten, die zum Aufbrechen der Lagerstätten in den Boden gepumpt werden, werden radioaktive Stoffe ausgespült und beim Verbrennen aber auch beim Fördern selbst gelangen Treibhaus-Gase in die Luft. Das französische Parlament hat jetzt den Abbau unkonventioneller Erdgas-Reserven faktisch untersagt, berichtet heise.de.
US-Präsident Barack Obama wiederum beugt sich dem Druck der steigenden Spritpreise und will die Förderung von Öl und Gas beschleunigen. Dazu soll ein bislang als "nationale Erdölreserve" gehaltenes Reservoir in Alaska angezapft werden, die Förderung auf staatlichem Grund erleichert werden, sowie Förderrechte im Meer (Golf von Mexiko, Arktisches Meer, Atlantikküste) überprüft, verlängert oder neu vergeben werden. Zudem will man die Ölkonzerne ermuntern, bestehende Reserven schneller zu erschließen und auszubeuten. Das alles darf man bei SPIEGEL-Online nachlesen, den Bogen zur Endlichkeit der Rohstoffe läßt der Artikel jedoch leider vermissen...
Ebenfalls im SPIEGEL aber eher versteckt findet sich ein Hinweis, dass die große Finanzwelt zunehmend ins Ölgeschäft einsteigt. In einem Artikel über den US-Spekulanten John Paulson und dessen neuesten Deal mit der Deutschen Bank wird auch beschrieben, worum es in diesem Deal geht: Paulson spekuliert darauf, dass der Öl- und der Goldpreis zusammen steigen, die Deutsche Bank tritt als Vermittler des Geschäfts auf. Auf Paulsons Betreiben wurden wohl im Vorfeld der Finanzkrise 2007/2008 jene "Finanzprodukte" gestrickt (CDO), die einen großen Anteil am rasanten Platzen der US-Immobilienblase hatten. Paulson wettete auf ein Platzen dieser Blase, gewann diese Wette und gilt seitdem in einschlägigen Kreisen als "Superstar". Sein Einsatz bei diesem neuen Deal liegt laut SPIEGEL "bei über einer Milliarde Dollar", was ja sehr viel Spielraum nach oben läßt. Keine kleine Summe jedenfalls - für eine Wette auf Peak Oil...
Und noch der Hinweis auf einen interessanten Artikel von Steffen Bukold von EnergyComment in "Internationale Politik" über 7 Thesen, Wahrheiten und Irrtümer über ERDÖL.
15.05.2011 (Norbert Rost) Kategorie: Allgemein, Presseschau · Tags: Alaska, Barack Obama, Deutsche Bank, Energycomment, fracking, Frankreich, Golf von Mexiko, John Paulson, Steffen Bukold · Kommentieren »