Ich habe die Original-Studie nicht gelesen, beziehe mich daher nur auf den FAZ-Artikel "Internationale Energieagentur: Keine neuen Öl- und Gasfelder!". Laut diesem Artikel hat die IEA empfohlen, dass keine neuen Investitionen in die Erschließung neuer Öl- und Gasfelder mehr erfolgen sollen und Verkäufe von PKW mit Verbrennungsmotoren nach 2035 weltweit einzustellen. Dies vor dem Hintergrund des Klimawandels.
Mit diesem Statement wird die Klimawandel-Politik auf eine neue Ebene gehoben. Bislang war die Politik der IEA eher auf die Energieversorgung der Welt ausgerichtet, nun bezieht sie offenbar den Klimawandel so stark in ihre Empfehlungen ein, dass sie selbst zum Advokaten für Klimaschutz wird. Die Implikationen sind enorm, denn: Die Erschließung neuer Öl- und Gasquellen sind ja der Startpunkt sowohl der Energieversorgung mit diesen Rohstoffen, wie auch die Emission von Treibhausgasen - die ja am Ende der Versorgungskette steht. Was nicht erschlossen wird und im Boden bleibt kann nicht als Emission in der Atmosphäre landen. Soweit so einleuchtend. Und doch bedeutet die Empfehlung der IEA eine Art "Sterbeurkunde" für die Öl- und Gasindustrie, jedenfalls dann, wenn die IEA-Empfehlung in Gesetze oder unternehmerische Entscheidungen mündet.
Dieses Blog diskutiert(e) das Phänomen des Peak Oil, überwiegend aus der Perspektive heraus, dass die Ölversorgung durch ökonomisch-technisch-physikalische Limitierungen an eine Gipfel-Grenze gerät. Diese Peak-Oil-Perspektive wurde zwischenzeitlich erweitert durch die Möglichkeit, die Nachfrage nach Öl würde durch eine zunehmende Elektrifizierung des Verkehrsbereichs sinken. Jetzt scheint eine dritte Option denkbar zu sein, nämlich eine bewusste Nicht-Investition in Ölquellen durch politisch-unternehmerische Entscheidungen vor dem Hintergrund des Klimawandels. Vor Jahren noch hätten wir daraus in diesem Blog geschlussfolgert, dass die dadurch resultierenden Ölpreise durch die Decke gehen werden, weil die Nachfrage-Elastizität bei Öl als gering eingestuft wurde. Offenbar hat sich bei den Analysten der IEA die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Klimawandel eine ausreichend große Bedrohung einerseits, die Transformation im Verkehrsbereich eine akzeptable Veränderung andererseits ist: in ihrer Kombination scheinen Ölpreis-Spitzen nicht mehr in dieser Massivität zu erwarten sein. Die Energieversorgung der Welt scheint durch die Brille der IEA also realisierbar, auch ohne Öl und Gas - offenbar allein auf Basis erneuerbarer Energiequellen. Das sollte Hoffnung machen.