Die Studie des italienischen Ölmanagers Maugeri hat jetzt Widerhall in der Süddeutschen Zeitung gefunden: Ressourcenknappheit: Wie lange der Ölzauber noch währt ist der eher skeptisch klingende Artikel von Richard Kerr überschrieben, der im Original im Science-Magazin erschien. Kerr hat mit verschiedenen Leuten gesprochen und von Maugeri-Skeptikern vor allem zu hören bekommen, dass dieser nur mit einer Decline-Rate von 2% rechnet, obwohl die Erfahrung der Vergangenheit den Rückgang der Ölförderung in "alten Ölfeldern" eher bei 4% und mehr sieht. Kerr kommuniziert dabei in der "größten deutschen überregionalen Abbonement-Tageszeitung" (wikipedia) das Hauptproblem der Ölwirtschaft: Nicht die im Boden lagernden Mengen sind interessant, sondern die Geschwindigkeit, mit der wir das Erdöl aus dem Boden fördern. Und es macht einen großen Unterschied aus, ob die Felder nach Überschreiten ihres Fördermaximums 2% pro Jahr weniger hergeben oder ob es 4% oder sogar mehr sind. Europas Zahlen liegen deutlich darüber: Um 5,5% nahm die europäische Ölförderung seit Überschreiten ihres Peak Oil in den vergangen 10 Jahren ab; 40% niedriger als zu den Bestzeiten lag die Förderung in 2011. Maugeris Berechnungen könnten also auf allzu optimistischen Zahlen beruhen, was als dickes Problem zu uns allen zurückkommt, sofern wir uns in Sicherheit über unsere künftige Ölversorgung wiegen.
Der SPIEGEL hat einen Artikel aus dem Magazin "natur" übernommen: Nachhaltigkeit: Wie Kuba zur Insel der Energiesparer wurde. Kuba war als realsozialistisch organisierte Insel vor der Küste der realkapitalistischen USA schon von seither auf Energiehilfen aus dem Ostblock angewiesen und wurde von dessen Zusammenbruch stark getroffen. Seit einiger Zeit scheint die politische Führung des Landes Maßnahmen ergriffen zu haben, die weg von den fossilen Energieträgern führen und zu neuen Methoden bei Energieerzeugung und in der Landwirtschaft führen. Davon berichtet auch Nils Aguilars Film "Voices of Transition", der jedoch immer noch seiner endgültigen Fertigstellung harrt. Der natur-Artikel beschreibt nun, dass Solaranlagen eine immer größere Rolle auf der Insel spielen und die Politik mit einem besonderen Energiepreismodell Energiesparen lohnend macht. Kubanische Verhältnisse in die gemäßigten Klimazonen Mitteleuropas zu übertragen dürfte nur bedingt machbar sein, aber der Blick nach Kuba könnte dennoch lohnen.
Ganz so deutlich, wie es der Artikel vermuten läßt, nimmt der Ölverbrauch in Havannas Einflussbereich aber nicht ab - jedenfalls wenn man den Zahlen der EIA glaubt:
Seit 2004 ist hier ein stärkerer Rückgang zu sehen, der Trend wurde jedoch 2009 und 2010 wieder gebrochen. 2004 war das Jahr, ab dem der Rohöl-Preis die Marke von 30 US$ dauerhaft hinter sich ließ und nie wieder unter sie zurückkehrte. Immerhin 40% niedriger als das Verbrauchshoch in 2004 und 30% niedriger als in den Jahren vorher lag der Ölverbrauch in 2008. Ob das ausreicht, um Kuba zum "nachhaltigsten Land der Welt" zu erklären, wie es der natur/SPon-Artikel tut?
Weitere Hinweise:
- OMV-Chef Gerhard Roiss im STANDARD-Interview darüber, warum die energieintensive Industrie wohl nach Nordamerika auswandert
- Der SPIEGEL über die neue Enge in der Öl-Strasse von Hormuz: US-Kriegsschiff kollidiert mit Öltanker
- Matt Mushalik über Irans Erkenntnis der eigenen Ölabhängigkeit (engl.)
- Steffen Bukold über (olympische) Rekorde bei den Spritpreismargen an den deutschen Tankstellen
- Platts über die Skepsis von Gazprom bezüglich des US-Shale-Gas-Booms (rechnet sich alles nicht!) (engl.)
- 21. bis 23. September: 3. deutschsprachige Transition-Konferenz in Witzenhausen
- in Basel findet am 8./9. September ein Transition Training statt
- am 11./12. Oktober findet in Dresden Pillnitz die 11. Fachtagung zum Thema Pflanzenölkraftstoff statt