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Energiewende: Künftig zwei Preiszonen für deutsche Stromverbraucher?

Die Transformation vom fossilen Energieversorgungssystem hin zu einem auf erneubaren Energiequellen basierenden Energieversorgungssystem nennen wir hierzulande seit dem Super-Gau in Fukushima "Energiewende". Naive Geister nehmen an, dass diese Energiewende nur durch den Austausch der Energiequellen vollzogen wird: Statt Kohle, Gas und Öl zu verbrennen werden Exergie-Potentiale durch Sonne, Wind, Biomasse, Erdwärme und Gezeiten genutzt. Wie bereits für Telepolis beschrieben sind diese Energiequellen jedoch ganz anders nutzbar. So sind Gas, Kohle und Öl bereits inhärent SPEICHER ihrer selbst, während alle erneuerbaren Energiequellen Exergie bereitstellen, die gesondert gespeichert werden muss. Sofern also nicht sämtliche Energieüberschüsse bequem weggespeichert werden können und diese Speichermengen ausreichend sind um in exergiearmen Zeiten jegliche Fehlmengen auszugleichen, wird das Energieversorgungssystem also größeren Schwankungen unterliegen.

Nun wird ein Phänomen diskutiert, was weitere Besonderheiten eines erneuerbarbasierten Energieversorgungssystems deutlich macht: Es könnte sein, dass Deutschland in zwei Preiszonen geteilt wird, in denen Exergie - im ersten Schritt elektrische Energie ("Strom") - unterschiedlich teuer ist. Im österreichischen Standard ist diese Überlegung überschrieben mit "Fliehkraft auf deutschem Strommarkt wächst" überschrieben und geteasert mit

Deutschland soll bei Strom in eine (billige) nördliche und eine (teure) südliche Preiszone geteilt werden. Österreich ist dagegen.

Hinter diesen Überlegungen steckt die Situation, dass im Norden Deutschlands vergleichsweise viel Strom verfügbar ist, weil im windreichen Norden viele Windkraftanlagen Strom ins Netz einspeisen. Im Süden Deutschlands ziehen nicht nur die industrieintensiven Branchen Bayerns und Baden-Würtembergs viel Elektroenergie aus den Netzen, offenbar bedient sich auch das österreichische Stromnetz aus dem deutschem Netz. Würden marktwirtschaftliche Prinzipien kleinräumig überall im Stromnetz gelten, so müßten im industriearmen Norden die Strompreise viel tiefer liegen, weil ein Überangebot vorhanden ist, während in Süddeutschland höhere Preise zu zahlen wären, weil mehr Strom verbraucht werden könnte, als aus lokalen Quellen gewonnen werden kann.

Technisch wäre dieses Ungleichgewicht behebbar durch mehr Stromleitungen, die den Strom von Nord nach Süd leiten. Doch gegen neue Stromtrassen wehren sich bereits heute zahlreiche Bürgerinitiativen und die lokale Politik. Gerade zwischen Thüringen und Bayern gibt es eine Allianz der Trassengegner, was angesichts der Leitungsästhetik verständlich ist. Mangels Leitungen wird jedoch das Überangebot im Norden und der Nachfrageüberhang im Süden nicht ausgeglichen. In einem marktwirtschaftlichen System würde das Ungleichgewicht durch unterschiedliche Preise reflektiert werden, doch in Deutschland gibt es nur eine Strombörse und die Regulatoren des "Marktes" halten eine einheitliche Preiszone aufrecht.

Die Diskussion rührt an einem Tabu. Es stellt die Gesellschaft vor das Dilemma: Entweder man besteht auf gleichen Lebensbedingungen für alle, und akzeptiert die sich daraus ergebenden Marktverzerrungen (und/oder baut Stromleitungen) oder man läßt den Marktdynamiken mehr Raum und läßt verschiedene Preiszonen zu. Ich denke, die Kräfte der Physik sind stärker als jene der Ökonomie und des Rechts, so dass Marktverzerrungen nur zeitweise und räumlich begrenzt widerstanden werden kann. Logisch klingt das allemal: Da an Nord- und Ostsee der Wind als Energiequelle stark und stetig verfügbar ist, ist das Energieangebot im Norden größer. Nutzbare Exergie sollte demnach billiger zu haben sein als im Süden, wo zwar die solare Einstrahlung größer, aber stärker schwankend ist, während zugleich die industriellen Stromverbraucher im Süden sehr stark sind. Marktwirtschaftliche Konsequenz wäre daher, dass schrumpfende Energiepreise im Norden für eine Wanderung der Verbraucher sorgen: Tendenziell könnten energieintensive Unternehmen an die Küste umsiedeln.

Das Beispiel zeigt, dass die Energiewende nicht damit zuende ist, Solarpanele und Windräder in die Welt zu stellen. Das Energieaufkommen sowohl räumlich/geografisch wie auch zeitlich verändert sich und schwankt, die Dynamik der Energieverteilung verändert sich. Die Transformationsschmerzen, die die Diskussion um mehrere Preiszonen sichtbar macht, werden nicht die letzten sein. Die Energiewende ist nicht allein eine Umstellung technischer Systeme. Die Energiewende ist eine Kulturwende.

Siehe auch:

Anderes:

Österreich: OMV sucht nach sichereren Ölquellen. Zukauf in der Nordsee

Selbst Ölfelder, die ihr Fördermaximum überschritten haben, sind noch richtig was wert: Die österreichische OMV beteiligt sich mit etwa 2 Milliarden Euro an Öl- und Gasfeldern in der Nordsee. Statoil, der norwegige Staatskonzern, ist der Verkäufer dieser Anteile. Den Aktionären scheint der Deal nicht ganz so gut zu gefallen, nach Bekanntwerden sinkt der OMV-Kurs, während der Statoil-Kurs zulegt. Laut OMV-Chef Roiss handelt es sich um die "größte Akquisition in der Industriegeschichte Österreichs".

Begründet wird der Einstieg von OMV-Chef Roiss mit der Stabilität in Europa, die er offenbar in anderen Welt-Teilen nicht mehr so gegeben sieht. Dabei dürfte dem Konzernchef noch in den Knochen stecken, dass Libyen in 2010 noch fast ein Viertel des österreichischen Imports lieferte, seine Lieferungen in 2011 um zwei Drittel herunterfahren musste. Die libysche Revolution verschob die österreichischen Importe zugunsten von Irak, Nigeria, Saudi-Arabien und Russland. Zusammen mit Kasachstan, was mit 29% der größe Öllieferant ist, liefern diese Länder 84,6% der österreichischen Importe. Immerhin 11,4% seines Verbrauchs förderte Österreich 2012 im Inland (zum Vergleich: Deutschland fördert keine 3% selbst).

Oesterreich - Foerderung, Verbrauch, Selbstversorgungsgrad (mehr …)

PM: ARBÖ: Österreich steuert auf absolutes Rekord-Spritjahr zu

Noch nie war Sprit teurer in Österreich als im Jahr 2012 - Eurosuper- und Diesel-Preise nähern sich an

Wien (OTS) - Vergleicht man die Jahresdurchschnittspreise so kann man den Schluss ziehen, dass Österreich auf ein absolutes Rekord-Spritjahr zusteuert, berichtet der ARBÖ. Bisher kostete Eurosuper im Jahr 2012 pro Liter durchschnittlich 1,445 Euro, Diesel 1,391 Euro.

Noch im Jahr 2009 kostete Eurosuper 1,024 Euro pro Liter im Schnitt, also um ganze 42,1 Cent weniger als in diesem Jahr. Auch der Diesel kostete mit 0,953 Euro pro Liter beträchtlich weniger. Um genau 43,8 Cent hat sich Diesel seit 2009 verteuert. "Eine volle 55-Liter-Tankfüllung Eurosuper ist heuer um 23,15 Euro teurer - eine Tankfüllung Diesel um 24,09 Euro teurer als noch im Jahr 2009", so ARBÖ-Sprecher Thomas Woitsch. Diese Entwicklung zeichnete sich zu Sommerferienbeginn ab, schließlich verteuerten sich die Spritpreise ab Juli Tag für Tag. Eurosuper und Diesel erreichten schließlich erst im September den Zenit. Am 18. September erreichte Eurosuper den Allzeit-Rekordpreis von 1,534 Euro pro Liter. Nur wenige Tage zuvor, am 5. September wurde eine neue Rekord-Marke von 1,450 Euro für Diesel erreicht.

Die Entwicklung der Durchschnittspreise (pro Liter/im Schnitt):

Jahr    Eurosuper    Diesel
2012    1,445        1,391
2011    1,365        1,328
2010    1,182        1,093
2009    1,024        0,953

Eurosuper- und Diesel-Preise nähern sich an

Dass Diesel mit deinem derzeitigen österreichweiten Durchschnittspreis von 1,407 Euro pro Liter nur mehr um 0,4 Cent billiger ist, als Eurosuper mit 1,411 Euro pro Liter ist um diese Jahreszeit nichts ungewöhnliches. "Im vergangenen Jahr waren horrende Heizölkosten zu Beginn der kalten Jahreszeit daran schuld, dass Mitte November Diesel wieder teurer war, als Eurosuper. Ein Phänomen also, das bekannt ist", so der ARBÖ-Experte. Gut möglich, dass Diesel in den kommenden Tagen also teurer wird, als Eurosuper.

ERSTE BANK GROUP mit Ölreport 2012

Die steigenden Preise lenken Aufmerksamkeit auf das Peak-Oil-Problem. Elmar Altvater hat für den FREITAG einen Artikel unter dem Titel "Benzinpreise: Vorboten einer eisigen Zeit" geschrieben, Maxeiner und Miersch feiern in der WELT die Schieferölrevolution: Im Schiefergestein steckt Öl ohne Ende. Die taz sucht nach alternativen Konsumstilen und DerStandard sieht den Ölpreis auf dem Weg zu 200 US$. Die Zeitung beruft sich dabei auf einer Studie der österreichischen ERSTE BANK GRUPPE, die jetzt im Netz zu finden ist.

Die Autoren analysieren relativ umfassend die vergangenen und möglichen künftigen Entwicklungen im Ölmarkt und kommen unter anderem zu der Aussage:

Wie bereits in den beiden letzten Spezialreports formuliert, denken wir, dass das globale Fördermaximum bei konventionellem Öl demnächst erreicht werden könnte, bzw. schon überschritten ist. Es steht außer Frage, dass Peak Oil mehr als reine Panikmache ist. Das Produktionsprofil einzelner Felder, Regionen und Länder hat immer die gleiche Struktur, nämlich die einer Glockenkurve. Lt. Robert Hirsch haben bereits 64 Länder nachhaltig ihr Fördermaximum erreicht. Die IEA hatte im Energy Outlook 2010 gemeldet, dass die Produktion von  konventionellem Öl im Jahre 2006 ihren Höhepunkt erreicht hatte. Gemäß einer Publikation von Prof. King und Murray im renommierten Nature Magazine  wurde das Fördermaximum bei konventionellem Öl bereits 2005 überschritten. Dies würde die volatile Preisbewegung - ein Surrogat für die Nachfrage - bestätigen. (S. 11)

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Peak Oil in die Politik

Ende 2010 gab die Fraktion von Bündnis90/Die Grünen im Sächsischen Landtag bei uns eine Studie in Auftrag, die erforschen sollte, wie sich Peak Oil auf die sächsische Wirtschaft auswirkt. Diese Studie ist fertiggestellt, ein Teil zu "Transition Towns" ist jetzt noch in Arbeit. Öffentlich vorgestellt werden soll diese Studie nach der Sommerpause.

Das Thema Peak Oil sickert zunehmend in die politische Ebene ein, insbesondere "von unten". So diskutierte ich Anfang April das Thema im Grünen Salon in Viersen (NRW) und mein Kollege Christoph Senz stellte das Thema Anfang Juni bei der FDP Aachen vor.

Auch in Österreich wird das Thema zunehmend diskutiert, wie folgender Vortrag von Volker Plass zeigt:

Politisch neutrale, aber fachlich fundierte Vorträge können von uns vermittelt werden. Kontaktieren Sie uns!