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Kehrtwende am Ölmarkt?

Die große Gefahr für die Ölversorgung der Zukunft besteht darin, dass der Ölpreis durch Marktübertreibungen aus einem Stabilitätskorridor ausbricht, dessen Untergrenze die Minimalkosten für die Ölförderung darstellt und dessen Obergrenze die Tragbarkeitskosten für die Volkswirtschaften ist. Kostet Öl weniger als das, was für die Bereitstellung künftiger Ölförderung notwendig ist, werden Investitionen in Ölförderung verschoben oder gar beiseite gelegt. Die daraufhin entstehende Zukunftsknappheit hebt den Ölpreis später wieder an und hebt ihn damit wieder in den Stabilitätskorridor. Allerdings liegt in der Verschiebung der Investition schon ein möglicher Keim für die Übertreibung nach oben: Denn fehlt künftiges Öl zum Marktgleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage kann es aufgrund des hohen Zeitaufwands für Ölprojekte nicht eben von einem Monat zum nächsten verfügbar gemacht werden. Kostet Öl mehr, als für die Konsumten tragbar ist, müssen sie ihre Arbeitsweise so umstellen, dass sie auf den zu teuren Stoff verzichten, was aber für viele Geschäftsmodelle bedeutet, dass ihnen die Funktionsgrundlage fehlt. Pleiten sind die Folge und damit wirtschaftliche Verwerfungen. Die darauf entstehende Nachfragesenkung senkt auch den Ölpreis später wieder ab und senkt ihn zurück in den Stabilitätskorridor. Allerdings liegt in einer dauerhaft rückgehenden Ölnachfrage schon ein möglicher Keim für die Übertreibung nach unten: Denn ist ein Ölüberschuss zum Marktgleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage vorhanden, kann dieser aufgrund einer dauerhaften Nachfragezerstörung nur durch ein Stilllegen von Ölförderprojekten abgebaut werden. Ein Ölpreis, der nach unten aus dem Stabilitätskorridor ausbricht ist ein mächtiges Signal, genau dies zu tun: Ölförderprojekte stilllegen. Das Preisrisiko in einem Peak-Oil-Umfeld besteht also darin, dass der Ölpreis in enormen Schwankungen immer über den Stabilitätskorridor hinauspendelt und mit jeder Übertreibung in die eine Richtung die Grundlage für die Übertreibung in die andere Richtung legt. Planungssicherheit geht verloren und damit Vertrauen sowohl in die Ölversorgung als Geschäft wie auch in ein stabiles wirtschaftliches Umfeld.

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Gazprom drosselt Gaslieferungen in die EU. Rianovosti spricht von “Sanktionskrieg”

Heute sollen neue EU/US-Sanktionen gegen Russland in Kraft treten und seit Wochenbeginn sind die Gaszuflüsse nach Polen geschrumpft. Inzwischen melden auch die Slowakei und Österreich einen Abfall des Drucks in den Gasleitungen aus Osten. Bislang war unklar, an welcher Stelle die Gaslieferungen geschrumpft werden: Gazprom meldet "Der Export nach Polen läuft ohne irgendwelche Änderungen – in den gleichen Mengen wie auch an den vorangegangenen Tagen – 23 Millionen Kubikmeter pro Tag". Diese Formulierung vom gestrigen 11.09.2014 läßt im Unklaren, auf welche "vorangegangenen Tage" sich die Aussage zitiert. Der RIANOVOSTI-Artikel bemerkt zugleich eine vertragliche Spitzfindigkeit: Nicht die Vertragsmenge, sondern die "angefragte Liefermenge" sei unterschritten worden, so Gazprom. Möglicherweise gibt es vertraglich vereinbarte Mindestmengen, die zur Lieferung anstehen und eine Klausel, die darüber hinausgehende Lieferungen erlaubt. Gazproms Formulierung belegt nun, dass der Konzern die von polnischer Seite angefragten Liefermengen schrumpft. "Dienst nach Vorschrift" nennt man das hierzulande, wenn sich jemand streng an die Vorgaben seines Auftraggebers hält - in diesem Fall an die vertraglich vereinbarten Mengen.

Wahrscheinlich ist, dass die russische Politik den Gaskonzern zur psychologischen Kriegsführung nutzt und die heute von EU/USA erweiterten Sanktionen durch diese mehrfach angekündigte Gasdrosselung entgegentritt. Kurzfristig wird diese Entwicklung nicht zu Engpässen bei der europäischen Gasversorgung führen: Laut GIE sind die europäischen Speicher zu 89,98% gefüllt (Deutschland: 91,5%, Österreich: 94,5%), nur die ebenfalls aufgeführten ukrainischen Speicher sind nur zur Hälfte voll. Das SPIEGEL-ONLINE-Krisenszenario (unten im Artikel) erwartet im Fall eines vollstädigen Gasboykotts sofortige Engpässe in Finnland, nach 3 Monaten auch in Polen und der Türkei und nach 6 Monaten auch im Baltikum, im deutschsprachigen Europa und auf dem Balkan. Von dieser Entwicklung sind wir noch weit entfernt, aber die Sanktionsspirale dreht sich weiter.

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RIANOVOSTI hat dieser Spirale einen griffigen Namen gegeben: Die Rede ist nun von einem Sanktionskrieg. Diverse Artikel auf der Plattform lassen Akteure zu Wort kommen, die die EU/US-Sanktionen als gesetzwidrig und unwirksam darstellen. Und die Grundlagen für eine weitere Verschärfung werden bereits angedeutet: Zitiert wird ein EU-Beamter, der Journalisten gegenüber sagte, der Gassektor werde nicht von weiteren Sanktionen betroffen sein, sondern: "Im Energiebereich wird der Erdölsektor von diesen Maßnahmen betroffen".

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