Saudi Arabien ist nicht nur ein Land - Saudi Arabien wird zunehmend zu einem der wichtigsten Konzerne der Welt. Das Königreich wird autoritär geführt, die politischen Herrscher sind zugleich die Besitzer der Unternehmen, die im Land wachsen. Mit dem Höhepunkt der globalen Ölförderung wird das Land mächtig werden, denn es sitzt auf den weltgrößten Ölreserven: Mehr als 20% des weltweiten Öls liegen unter saudischem Sand.
Sonst hat das Land ja nichts: Nur 1,67% der Landfläche sind urbar, es gibt keine nennenswerten überirdischen Süßwasservorkommen. Doch es gibt diesen Rohstoff, der weltweit gebraucht wird.
Für Unternehmen, die Öl als Rohstoff brauchen, ist eine mögliche Strategie, sich dorthin zu bewegen, wo der Rohstoff gefördert wird. Diese Strategie der Rohstoffnähe bedeutet langfristig eine Verlagerung des Betriebsgeschehens an die Quellen. BASF hat diesen Schritt vor 10 Jahren versucht und mit Saudi BASF Company Ltd. einen Betriebsstandort als Joint Venture eröffnet, doch viel produziert wird vor Ort nicht. In Bahrein geht Ende 2012 die Produktion im Kunststoffbereich an den Start. Größter Konkurrent der BASF ist inzwischen ein Unternehmen, dessen Namen noch kaum jemand kennt: Sabic - Saudi Basic Industries Corporation. Zu 70% in Staatsbesitz hatte die Firma einen Vorteil: Sie bekommt Öl und Gas zum Vorzugspreis. Inzwischen ist Sabic mehr Wert als BASF, trotz geringerem Umsatz. Das kann auch daran liegen, dass BASF seine Rohstoffe zum Marktpreis einkaufen muss, während die Staatschemiker der saudischen Königsfamilie nicht am Markt kaufen, sondern quasi im Hinterhof fördern lassen. Mit Sinopec, dem chinesischen Petrochemie-Giganten, plant Sabic aktuell eine Polycarbonate-Fabrik in China. Produktionsbeginn 2015.
Die eigentliche Nachricht des Tages sind jedoch die Pläne des saudischen Ölförderers Saudi Aramco. Noch im April 2010 lag dessen heimische Raffinerie-Kapazität bei 1,7 Millionen Barrel pro Tag. Jetzt werden gemeinsam mit Sinopec 10 Milliarden US$ in die Hand genommen, um die Aramco-Raffinierien auf 8 Millionen Barrel auszubauen. Würden all diese Kapazitäten in Saudi-Arabien stehen, würde dies bedeuten, dass das Land künftig kaum noch Rohöl exportiert, sondern nur noch raffinierte Öl-Produkte: Denn die Exportmenge Saudi-Arabiens lag 2009 bei 7,6 Millionen Fass pro Tag. Man baut keine Raffinerie-Kapazitäten auf, um diese dann brachliegen zu lassen, so dass diese Pläne eindeutig eins bedeuten: Saudi Arabien wird die Ölverarbeitungsfabrik der Welt. Denkt man nun noch die Kette zwischen Saudi Aramco (Ölförderung und Raffinerien) und Sabic (Petrochemie) zusammen, so dürfte den Chemiekonzernen der Welt das Herz flattern. Denn die Strategie ist eindeutig: Von der Öl- und Gasförderung bis zur Verarbeitung in chemischen Prozessen ist alles in königlicher Hand.
Den "Downstream" zu entwickeln, den Weg vom Bohrturm zum Kunden, macht Sinn: Größere Wertschöpfungstiefe erlaubt größere Umsätze und der heimischen Wirtschaft größere Vielfalt, die für ein "Land auf Sand" langfristig Sinn macht. Andererseits stellt sich die Frage, warum die Saudis nicht schon früher auf diese Idee gekommen sind. Vielleicht, weil mit dem sichtbaren Peak die Förderung selbst nicht mehr soviel abwirft? Eine Anpassung an die kommenden Förderschrumpfung ist das zweifellos.
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