"Dank" einer rasanten Erwärmung der Erdatmosphäre schmelzen die Eispanzer am Nord- und Südpol. Ein gutes Viertel weniger Eisvolumen führt die Arktis heute im Vergleich von vor 10 Jahren. Das Abschmelzen der Pole ruft Hoffnungen hervor, dort Rohstoffe zu fördern. Laut USGS könnten im bislang unzugänglichen Norden des Planeten ein Fünftel der noch unentdeckten nutzbaren Öl- und Gasreserven liegen. Ihre Ausbeutung könnte Peak Oil in die Zukunft verschieben und ein kleines bißchen Weiter-So erlauben.
Vor der Ausbeutung dieser Ressourcen hat nun der Chef des französischen Ölkonzerns Total Christophe de Margerie gewarnt. Die Risiken seien zu hoch, insbesondere was die Gefährdung der sensiblen Umweltbedingungen im Norden betrifft aber auch, was das Image jenes Konzerns betrifft, der es zu einer Ölkatastrophe kommen läßt. Dass die Tiefsee-Förderung hohen Risiken ausgesetzt ist, zeigte 2010 die Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko. Im Norden herrschen teils noch krassere Umweltbedingungen als im warmen mexikanischen Golf! Zwar wärmt sich die Atmosphäre auf, das bedeutet aber nicht, dass man im Norden Sommertemperaturen erwartet. Frost und Eis werden weiter da sein und vor allem: Dunkelheit. Nur weil die Atmosphäre sich erwärmt bedeutet dies keine Neigung der Erdachse: Die Sonne geht im Sommer nicht unter und im Winter gar nicht erst auf. Psychisch extrem belastende Bedingungen für dort arbeitende Menschen. Und auf das Risiko der Tiefseebohrungen - ala Deepwater Horizon - kommt in der Arktis Eis und Kälte noch hinzu.
De Margerie thematisierte Peak Oil im Dezember 2011 beim World Petroleum Congress in Doha (Katar). Nachdem er zuvor öffentlich davon sprach, Peak Oil stünde quasi vor der Tür, war die damalige Rede für Kjell Aleklett, Präsident der ASPO International, eine Enttäuschung. Technologie werde das Problem lösen, so argumentierte De Margerie branchentypisch. Was Peak Oil bedeutet weiß der Total-Chef aus eigener Anschauung: Der Förderpeak der Firma Total war 2004 mit 2,75 Millionen Barrel Tagesproduktion erreicht, die bis 2009 auf 2,5 Millionen und bis 2011 auf 2,35 Millionen Barrel absank. Derzeit bemüht sich Total offenbar um eine radikale Umstrukturierung: Der Konzern will sich laut Manager Magazin vor allem von Raffinerien und ausgereizten Öl- und Gasfeldern trennen und in den kommenden 2 Jahren Unternehmenswerte von 20 Milliarden Dollar verkaufen. Dieses Geld soll in die Ausweitung der Ölförderung gesteckt werden. Das 5-Jahres-Ziel: Die Fördermenge auf 3 Millionen Fass pro Tag zu steigern. Man könnte interpretieren: Total erwartet höhere Gewinne bei der Förderung von Öl als mit dessen Verarbeitung. Das sagt vermutlich einiges über den kommenden Ölpreis aber auch, dass De Margerie das Grundprinzip des Peak Oil in einer Unternehmensstrategie berücksichtigt: Ginge er von einer preisdrückenden Ölschwemme aus, wie sie sein italienischer Kollege Leonardo Maugerie vorhersagt, würde er dann den Konzern auf die Ölförderung konzentrieren? Auch mit Lecks bei der Öl- und Gasförderung kennt sich Total aus: Die Förderplattform Elgin in der Nordsee war von März bis Mai diesen Jahres havariert und das Leck abzustellen, war offensichtlich kein leichtes Unterfangen. Gut möglich, dass De Margerie diese Erfahrung im Hinterkopf hat, als er seine jüngste Warnung vor der Ölförderung in der Arktis aussprach.
Warm, kalt, hell, dunkel, Umwelt…davon glaube ich kein Wort.
Die einzige reale Gefahr die ich dort sehe, sind Bewegungen des Eises, die das Bohrloch beschädigen oder gar abscheren können. Was dann passiert, kann sich jeder selbst ausmalen.
Es geht hier nicht um Glauben. In der Arktis herrschen dauerhaft Minus-Temperaturen von -35 bis -45 Grad Celsius. Der Wind bläst mit einer Geschwindigkeit von 65 bis 85 Meilen pro Std. Das See-Eis selbst hat eine Temperatur von -120 Grad Celsius. Mehr z.B. hier: http://www.scilogs.de/wblogs/blog/klimalounge/klimadaten/2012-08-10/sturm-in-der-arktis
Erstmal werden die Teersande das große Thema. Die Arktis ist noch nicht wirklich aktuell, und wird kaum solche Volumen erreichen.
Teersandvorkommen sind praktisch unbegrenzt, mit Grenzkosten für das fertige Rohöl von mittelfristig unter $ 60. In den kanadischen Teersanden investieren die Konzerne Dutzende Milliarden in das größte Bauprojekt der Welt, seit sich der Ölpreis bei über $ 75 stabilisiert hat. Die Umweltbelastung von Luft und Wasser erreicht dort unbekannte Ausmaße. Die wirtschaftliche Entfernung der Deckschichten für den Tagebau liegt bereits bei knapp 100 Meter, allein das kostet Milliarden Liter Treibstoff. Das zur Förderung benötigte Wasser kommt ironischerweise aus den schmelzenden Gletschern. Man ist per Direktpipeline größter Lieferant der USA zum Freundschaftspreis, die dortige Erdölwirtschaft ist für Jahrzehnte gesichert. Die kanadische Regierung schaut zu und freut sich über die Steuern. Andere Länder werden ihre Teersande ebenfalls abbauen, man wird mit steigendem Preis auch die tieferen Vorkommen unterirdisch erschließen. Auf diesem Weg könnte der Ball für das Endspiel tatsächlich bei der Umweltzerstörung und Klimaerwärmung landen, und nicht beim Peak an sich.