In Europa wurde 2012 im Schnitt 7% weniger Erdöl pro Tag gefördert als noch 2011. Das zeigen die Daten der US-amerikanischen Energiebehörde EIA. Damit ist der niedrigste Stand seit 30 Jahren erreicht. Über den Ölverbrauch in Europa in 2012 sowie zur Gasförderung liegen noch keine Zahlen vor.
Die zuletzt auf ca. 100 Dollar pro Barrel gesunkenen Ölpreise der für Europa wichtigen Ölsorte Brent haben die mediale Aufmerksamkeit vom Thema Öl abgelenkt. Nur selten finden sich solch ausgewogenen Artikel wie jener von Jakob Schlandt in der Berliner Zeitung, der warnt, dass die Ruhe bei den Ölpreisen nicht von langer Dauer sein muss und Unruhe in Förderländern jederzeit den kritischen Rohstoff wieder teurer werden lassen kann.
In Deutschland ist derzeit nur Fracking weiter in der Diskussion. Schleswig-Holstein will in den Bundesrat eine Länder-Initiative zum Verbot der Fördermethode einbringen. Dass solch eine Bundesland-Initiative Erfolg haben kann zeigt auch die Skepsis in Nordrhein-Westfalen, die sich in einem Bericht der "Neuen Westfälischen" von einer Kaminzimmer-Veranstaltung der CDU zu diesem Thema spiegelt. Offenbar wird die Berichterstattung langsam mit der politischen Wahrnehmung des Problems differenzierter, denn die Zeitung zitiert den CDU-Mann Sven Öpping mit der Frage "Welchen Preis sind wir angesichts geringer werdender Energiereserven bereit zu zahlen?" Der "Preis", der hier gemeint ist, soll in diesem Fall aber eher vom Umweltkonto angebucht werden als vom Lebensstil-Konto: Noch immer soll das Problem stagnierender bzw. zurückgehender Öl- und Gasförderung von der Angebots-Seite aus gelöst werden, über die Verringerung der Nachfrage denkt bisher nur eine avandgardistische Nische nach: Wer will, darf sich jetzt in Leipzig in einem Wettbewerb erd-öl-frei messen: Wer spart am meisten Erdöl?
Aus dem Wirtschaftsrat bekommt die Bundesregierung Druck, gesetzliche Regelungen für Fracking-Bohrungen vorzulegen. In die Argumentation der Befürworter fließt der Rückgang der Gasförderung als Begründung mit ein: "Die deutsche Erdgasproduktion, die 2010 noch 14 Prozent des nationalen Verbrauchs betrug, ist rückläufig und beträgt derzeit nur noch rund 12 Prozent des nationalen Verbrauchs" erklärt Wolfgang Steiger, Generalsekretär eben jenes Wirtschaftsrates. Doch die Bundesregierung will sich angesichts der bevorstehenden Bundestagswahlen, der Sprengkraft des Themas sowie der Uneinigkeit in der CDU-Bundestagsfraktion offenbar nicht mehr vor dem Wahltag entscheiden und somit das Thema aus dem Wahlkampf heraushalten. So zumindest formuliert es ein Artikel auf SPIEGEL ONLINE, der als Abweichler in der CDU insbesondere jene Abgeordneten nennt, in deren Wahlkreisen der öffentliche Druck am höchsten ist.
Auch in der Schweiz kommt jetzt die Diskussion über Fracking intensiver in Gang, nachdem Ende 2012 unter dem Genfer See eine erste erfolgreiche Probebohrung stattfand. Genau wie in Deutschland wird auch hier über ein mögliches Moratorium diskutiert, wobei hier nicht 2 Jahre im Gespräch sind, sondern 5 bis 10.
Skeptiker sammeln derzeit auch Belege für eine mögliche ökonomische Blase der Fracking-Technologie, so beispielsweise in Le Monde Diplomatique, Rohstoff-Welt.de. Interessant ist, dass der jüngste Goldpreis-Sturz so manchen Marktkommentator darüber sinnieren läßt, wo man denn stattdessen investieren sollte. Angesichts der Tatsache, dass der Gaspreis in den US die 4-Dollar-Marke wieder überschritten hat und guter Worte aus dem Hause "Goldman Sachs" meint so mancher, "Gas sei der neue sichere Hafen". Na dann... auf zur nächsten Blase. In den USA bilden sich derweil seltsame Koalitionen: Umweltschützer ebenso wie Chemiefirmen bemühen sich, Gas-Exporte zu verhindern. Besser läßt sich ein aufkommender Ressourcennationalismus im Zeitalter knapper fossiler Energieträger kaum veranschaulichen.
Interessant ist, welche Wechselwirkungen der Energiesektor mit anderen Wirtschaftssektoren zeigt. So befindet sich beispielsweise die Aluminium-Branche derzeit in einem Umbruch, der teils von billigem Fracking-Gas in den USA befördert wird, teils von billigem Solarstrom in anderen Welt-Teilen. Die Neue Zürcher Zeitung umreißt diese Entwicklung und läßt durchblicken: Künftig könnten energieintensive Branchen sich vermehrt in sonnenreichen Wüstenländern wiederfinden.
@Le Monde Artikel:
Absolute Pflichtlektüre. Es war ein Artikel von Ahmed in der Huffington Post vom Dezember des Vorjahrs der mich auf auf die potentielle Schiefergasblase aufmerksam machte.
http://www.huffingtonpost.co.uk/dr-nafeez-mosaddeq-ahmed/the-frack-farce_b_2299554.html
Schön auch, daß er Gail Tverberg erwähnt.
Ihre aktuellsten Artikel sind auch wieder sehr interessant.
http://ourfiniteworld.com/2013/04/05/how-oil-exporters-reach-financial-collapse/
http://ourfiniteworld.com/2013/04/11/peak-oil-demand-is-already-a-huge-problem/
@Florian,
ja, Gail ist schon sehr gut. Sie hat ein energetisch doch sehr komplettes Bild in dem auch die wirtschaftlichen Zusammenhänge berücksichtigt werden.
Meanwhile in Austria…
http://wien.orf.at/news/stories/2580558/
@eliso: Der Fokus der Neuanschaffungen scheint aber nicht so sehr auf dem Diesel zu liegen als mehr an dem Drumherum der Fahrzeuge. Beim STANDARD liest sich der Bericht nämlich leicht anders gewichtet: http://derstandard.at/1363708384930/Neue-Wiener-Oeffi-Busse-stammen-von-Mercedes-Volvo-und-Siemens
[…] seit 2005 herangezogen und als einziger Chart ebenfalls die US-Ölförderung gezeigt. Der Niedergang der europäischen Ölförderung seit 2002, die Stagnation der Weltölförderung außerhalb Nordamerikas seit 2005, die […]