Die Ölförderung im Bakken-Gebiet im us-amerikanischen Nord-Dakota scheint einen Umkehrpunkt erreicht zu haben: Peak Bakken ist absehbar. Das Gebiet gilt als eines der Hoffnungsträger für die Ölförderung in den USA ebenso wie weltweit, denn schließlich sollen die neuen Fördertechniken (-> "Fracking") das seit 2006 bestehende Förderplateau der globalen konventionellen Ölförderung ausweiten.
Das Bakken-Areal selbst ist riesig, es entspricht etwa der Fläche Spaniens. Seit Jahrzehnten wurde dort in bescheidenem Maße Öl gefördert, erst mit dem Sprung des Ölpreises über die 100-US-Dollar-Grenze, durch eine Aufweichung der Umweltschutzgesetze in den USA sowie die folgende großindustrielle Anwendung des Fracking hat die Gegend echte Bedeutung in der Ölförderindustrie bekommen.
Die folgende Tabelle zeigt die historische Entwicklung, indem zu jedem Jahr seit 2005 die jeweils neu gesetzten Bohrungen abgetragen sind:
Jahr | zusätzliche Bohrungen |
---|---|
2005 | 31 |
2006 | 70 |
2007 | 157 |
2008 | 422 |
2009 | 464 |
2010 | 732 |
2011 | 1211 |
2012 | 1772 |
2013 bis Juni |
840 |
Der eigentliche Boom begann 2008, als in einem Jahr fast so viele Bohrungen gesetzt wurden wie in der ganzen Förder-Karriere des Bakken-Areals zuvor.
Die Entwicklung des Areals aus Sicht der Ölförderung ist phänomenal, wie die Darstellung der Fördermenge und der gesetzten Bohrungen zeigt:
Dass beide Kurven nahezu parallel laufen, macht eine der Eigenschaften der unkonventionellen Ölförderung deutlich: Eine Bohrung erbringt (bislang) nahezu dieselbe Öl-Ernte wie jede andere Bohrung (im selben Areal). Die konventionelle Ölförderung war dagegen geprägt dadurch, dass relativ wenige Bohrungen teils große Fördermengen brachten und diese Fördermengen sehr unterschiedlich waren, je nachdem wie das beförderte Reservoir aussah.
Die exponentielle Entwicklung sowohl der Bohrungen wie auch der monatlichen Fördermengen macht Wachstumsoptimisten Hoffnung auf künftig starke Steigerungsraten, Wachstumspessimisten verweisen gern darauf, dass exponentielles Wachstum in einer endlichen Welt immer ein Ende findet; ironischerweise umso früher, je größer die exponentielle Beschleunigung ist.
Um die bisherige Dynamik beizubehalten und auf dem exponentiellen Pfad zu bleiben, muss jeder künftige Bohr-Erfolg (entsprechend der Wachstumsrate) größer sein, als der vorhergehende Bohr-Erfolg. Folgende Grafik zeigt, dass jedoch, dass die jüngsten Wachstumsraten sinken:
Die blaue Linie zeigt die Zahl an Bohrungen, die in einem Monat mehr gemacht wurden, als im vorangegangenen Monat. Weiterhin wird in jedem Monat mehr gebohrt als im Monat zuvor. Doch zeigt die blaue Linie seit etwa Mitte 2011 ein (unruhiges) Plateau: Im Schnitt läßt sich die monatliche Bohrungszahl "nur" noch um 140 Stück pro Monat steigern (linke Skala). Die dunkelgrüne Linie zeigt die zugehörige Wachstumsrate bezogen auf die Gesamtzahl aller bereits gesetzen Bohrungen. Seit Mitte 2011 sinkt die Wachstumsrate konsequent ab und hat sich seitdem halbiert.
Nun sind Bohrungen nicht alles. Nachdem das Bohr-Team seine Arbeit erledigt hat, schreitet das Frac-Team zur Tat und führt den eigentlichen "Frac-Job" aus. Ron Patterson verweist darauf, dass im Mai 2013 500 Bohrungen darauf warteten, "gefrackt" zu werden. Das heißt: Die Fracker können mit der Geschwindigkeit der Bohrer nicht mithalten. Zusätzliche Teams wären nötig, um die Gesamtgeschwindigkeit weiter zu steigern. Mehr Teams würde aber mehr Kosten bedeuten - und zeigt, warum Fracking-Öl teurer ist, als "konventionelles".
Die Grafik zeigt zudem, dass Fracking kein von der Umwelt losgelöster Prozess ist. In jedem Jahr zeigt sich der Winter in der Kurve deutlich. Immer zum Jahreswechsel fällt es den Bohr-Teams schwer, die Wachstumsraten beizubehalten. Fracking: Das ist nunmal Schwerindustrie im Freien.
Auf das Phänomen, dass die Fördermenge pro Bohrung schon seit 2008 nahezu konstant ist, wies Christoph Senz bereits hin. Was folgendes Bild zeigt ist, dass die Fördermenge pro Bohrung im Bakken-Areal seit etwa Herbst 2012 leicht sinkt:
Wir wissen, dass die Decline-Raten der unkonventionellen Bohrungen extrem sind und teils bis zu 40% pro Jahr entsprechen. Das heißt: Jede Bohrung beginnt mit ihrem Fördermaximum und die Fördermenge aus dieser Bohrung nimmt von Monat zu Monat und von Jahr zu Jahr ab. Bislang konnten die neuen Bohrungen selbst das "Plätschern" jahrealte Bohrungen ausgleichen und trotz dieser immer größer werdenden Zahl altersschwacher Bohrstellen den Gesamt-Durchschnitt aller Bohrungen konstant halten. Ingenieurtechnisch und logistisch eine Meisterleistung! Und doch scheint der Peak in der Durchschnittskurve im Herbst 2012 gewesen zu sein.
Pro Tag fördert eine Bohrung nunmehr im Schnitt 129 Barrel Öl (=20.500 Liter) am Tag.
Zwar wird durch die beständig hohe Zahl neuer Bohrungen (die ja weiterhin exponentiell steigt!) auch die Monatsgesamtförderung weiter zunehmen, doch kommen in Zukunft zwei diesem Trend entgegenlaufende Entwicklungen zusammen:
- Der Durchschnittsertrag aller bestehenden und neuen Bohrungen sinkt.
- Künftige Bohrungen werden sich immer weiter von den "Sweet Spots" entfernen, werden also grundsätzlich mit weniger Anfangs- und Gesamtoutput in die Förderung gehen.
Da die Förder-Firmen sich zuerst um jene Bereiche innerhalb des Bakken-Areals gekümmert haben, die die höchsten Erträge versprachen (sogenannte "Sweet Spots"), bleiben "nach hinten raus" nur Bereiche mit weniger Ertrag übrig. Aus künftigen Bohrungen wird also weniger Öl gefördert werden als in den bereits abgeernteten Bereichen.
Ron Patterson verweist darauf, dass heute in Bakken 1440 neue Bohrungen pro Jahr gebraucht werden, nur um die bisherige Förderung konstant zu halten. Um sie weiter zu steigern, müssen entsprechend mehr Bohrungen gesetzt werden. Je höher die Gesamtförderung steigt, umso größer ist die Zahl an benötigten Bohrungen, um den Förderabfall der alten Bohrungen auszugleichen. Dazu kommt jetzt noch das Problem sinkender Qualitäten der künftigen Bohrungen (best-first-Problem).
Dies betont auch nochmal folgende Darstellung. Die lila Kurve zeigt die Ölförderung, die im jeweiligen Jahr im Bakken-Areal zusätzlich zum Vorjahr dazukam (linke Achse). Teilt man diese zusätzliche Förderung durch die Zahl der Bohrungen, die in dem jeweiligen Jahr gemacht wurden, erhält man die rote Kurve (rechte Achse). Die Zusatzförderung, die alle 2012er Bohrungen pro Bohrung gebracht hat, liegt unter dem, was vergleichbare 2011er Bohrungen erbrachten. Man kann sagen: Die Ergebnisse der 2012er Bohrungen sind schlechter, vermutlich weil die jeweiligen Bohrstellen schon nicht mehr so ertragreich sind. Das "best first"-Prinzip, nach welchem zuerst die besten Bereiche geerntet werden und schlechtere Bereiche für später aufgehoben werden, schlägt hier voll zu Buche:
Im Ergebnis läßt sich vorhersagen, dass die Gesamtförderung im Bakken-Areal zwar noch steigen wird, aber die Ausbaugeschwindigkeit nicht mehr zu halten ist. Ich vermute, das Bakken-Areal wird sein Fördermaximum schon 2015 erreichen, während der Aufwand pro Barrel stark zunimmt. Die dann einsetzenden Decline-Raten werden weitaus größer sein als das, was man aus der konventionellen Ölförderung kennt (5-6% p.a.), 2017 könnte der Förderabfall schon bei 25% pro Jahr liegen. In weniger als 10 Jahren hätte das Areal sein Fördermaximum erreicht und die Decline-Raten werden dann zeigen, wie schnell ein mit extremem Aufwand aufgebautes Fördergebiet wieder zusammenfällt.
Es gibt in den USA weitere Gebiete wie Bakken. Diese sind teils größer und werden ihre Fördermaxima möglicherweise später erreichen. Hoffnung auf eine grundlegende Überwindung des Peak-Oil-Problems machen all diese Gebiete jedoch nicht. Ihre Kurzlebigkeit läßt sie eher als Strohfeuer erscheinen. Gefährlich daran ist, dass diese Strohfeuer suggerieren, es sei noch genausoviel Sprit im Tank der industriellen Zivilisation wie in all den vergangenen Jahren. Doch die Tanknadel wird sich "Dank" Fracking viel schneller dem Nullpunkt nähern, als dies die konventionellen Techniken erwarten ließen. Die Jahre, die bis zu dieser Erkennis ohne Anpassungsmaßnahmen vergehen, könnten uns schmerzlich fehlen...
Sonstige Nachrichten:
- DerStandard: Von einem Hype zum nächsten. Die Schwellenländer gelten nicht mehr als die größten Freunde der Finanzinvestoren. Diese Stellung nehmen jetzt Orte wie Nord Dakota ein: Dank Fracking... (Achtung: Blasenalarm!)
- Telepolis: Equador beendet die Yasuni-Initiative. Öl wird gefördert, statt gespart.
- NZZ: Streiks in den Häfen, Chaos in Libyens Ölsektor (zur Zeit der libyschen Revolution zog der Ölpreis um 20% an!)
- SPON: US-Fracking dämpft Ölpreisanstieg. Wo wären die Preise ohne den Hype?
- Cassandras Legacy: Hat die Shale-Gas-Revolution in den USA schon ihren Peak erreicht?
- TOD: Euan Mearns veröffentlicht einen interessanten Foliensatz zum "Abgesang" auf "Peak Oil"
- "Hannover Erklärung" von BGR, GFZ und UFZ über "umweltverträgliches Fracking"
Guter Artikel wieder.
Um es mit den Worten von Rune Likvern von TOD (
Der übrigens weiterhin seinen eigenen Blog betreibt, allerdings ist dieser auf norwegisch.^^) zu sagen:
“Ein typischer Wettlauf mit der Roten Königin”.
Danke für den guten Beitrag!
Und Pattenson, den Du Zitierst, ist der Meinung das nur Bakken & Co. sowie die Kanadischen Teersände den Peak verhindern bzw. hinausschieben: http://peakoilbarrel.com/news-jacking/
Ich weiß nicht obs schon wer gepostet hat:
http://www.reuters.com/article/2013/07/31/us-energy-poland-lignite-analysis-idUSBRE96U0L920130731
Nochdem Polens Schiefergasträume geplatzt sind, wenden sie sich nun der Braunkohle zu um ihren Energiebedarf zu decken.
Es gibt aber auch gute Nachrichten.
http://www.klimaretter.info/energie/hintergrund/14356-solarstrom-ist-billiger-als-atomstrom
http://www.manager-magazin.de/finanzen/artikel/a-915672.html
Während versucht übrigens die libertäre Szene die Energiewende weiterhin schlecht zu machen. (Den Link hat mir vor ein paar Tagen mein Vater geschickt. Der Autor und der dt. Übersetzer sagen schon alles.)
http://www.freiheits-akademie.at/papers.php?id=952419504402147862
Hallo Florian,
diese Vergleiche sind doch reine Augenwischerei. Der Leistungskredit von PV-Anlagen beträgt exakt NULL. Heißt: Beim Wind gibt es großräumige zeitliche Ausgleichseffekte (bei vielen Windparks in einer großen Region), die dazu führen, dass beispielsweise 8 % bis 12 % der installierten Leistung in Deutschland jederzeit verfügbar ist.Das ist bei der Photovoltaik nicht der Fall.Sie liefert ohne Tageslicht keinen
Strom, trägt also nichts zur gesicherten Leistung bei, wenn Lastspitzen beispielsweise abends auftreten. Ein Atomkraftwerk hat einen Leistungskredit von rund 90%. Die Preise von Solarstrom und Atomstrom miteinander zu vergleichen ist also völlig am Thema vorbei. Um PV Stromkosten vergleichbar zu machen, müsste man die gesamte Back-up Leistung oder sonstige Speicherung, die notwendig ist, um ein sicheres Stromnetz zu betreiben, mit einrechnen.
Beste Grüße
smiths74
Es ist die Frage, ob die Elektrizität verbrauchende Infrastruktur entsprechend den Erzeugungsmustern angepasst werden kann.
Projekte wie INEES [1] versuchen ja die Batterien der hypothetischen zukünftigen E-Fahrzeuge als Netzpuffer zu verwenden. Das würde auch den Gesamt-EROEI dieser Batterien verbessern.
Ansonsten intelligente Stromnetze – warum nicht waschen, wenn die Energie da ist? Wozu dauerhaft konstant kühlen und nicht in “Bursts”? Macht der Nachtstrom aus der Grundlast nicht in Nachtspeicherheizungen mehr Sinn als Ihn in Strassenbeleuchtung zu verpulvern?
[1] http://www.erneuerbar-mobil.de/projekte/foerderung-von-vorhaben-im-bereich-der-elektromobilitaet-ab-2012/kopplung-der-elektromobilitaet-an-erneuerbare-energien-und-deren-netzintegration/inees
Wie gesagt, die (möglichst) vollständige Umstellung auf erneuerbare Energien wird nur in Instrastrukturen ala “TIR” funktionieren. Natürlich wird dies ein Haufen Arbeit sein, aber eine die es imo. auch wert ist.
Übrigens, bin ich vor einiger Zeit auf dieses amüsante Review von Rifkins Buch gestossen:
http://www.mindnaturesociety.com/dont-read-jeremy-rifkin-the-third-industrial-revolution
Und die Reviewerin hat meineerachtens vollkommen recht. So gut die Idee auch ist, Rifkin verplempert in der Tat einen Großteil des Buches mit Selbstbeweihräucherung und Statements von Politikern, welche letztendlich wenig wert waren.
Rifking het ja auch nicht mehr mit dr zeit.
Unsere Bundesregierung ist ja auch schon bei der Industrie 4.0: http://de.wikipedia.org/wiki/Industrie_4.0
Denn eines ist wichtig: Wir brauchen die totale Komplexität, das ausknautschen jeder kleinen Effizienzsteigerung auf kosten der Robustheit. Die totale Technisierung, IT und Elektronik überall. Auch Technology Review springt darauf an: hxtp://www.heise.de/tr/artikel/Industrie-4-0-Physische-und-digitale-Welt-kommen-zusammen-1930772.html
Smiley vergessen ;-)
Rifkin benutzt den Begriff “Dritte Industrielle Revolution” eh ziemlich inflationär.
In seinem Buch “Das Ende der Arbeit” aus den 90ern hat er ihn auch schon in einem anderen Zusammenhang verwendet.
http://peakoilbarrel.com/shale-boom-over/
http://peakoilbarrel.com/bakken/
Weitere Ergänzungen zu Bakken.
Und schaut euch das Zitat von David Demshur an.
Zur Info, er ist der CEO von Core Laboratories, einer der größten Anbieter von Dienstleistungen für die Erdölbranche.
Haben die USA tatsaelich wieder mal die Kurve bekommen ?
http://derstandard.at/1376534614829/Eine-Welt-ohne-billige-Dollars
[…] berichten würde, wie schwierig die Ölförderung per Fracking ist. In den USA ist der Hype schon am Abklingen, die Warnungen, dass sich das ganze Unterfangen nicht rechnet und kreditfinanziert eine Blase […]
[…] wird. Damit bestätigt die EIA Vermutungen, die anhand der Bakken-Förderstatistiken hier im August veröffentlicht wurden. Der erst vor 8 Jahren eingesetzte Hype um Fracking wird zumindest beim […]
[…] August 2013: Fracking in der Bakken-Formation/Nord Dakota: Peak in Sicht […]