Zum Textbeginn springen . Zur Navigation springen .

China kauft Kasachstan

Nein, so weit ist es dann doch noch nicht, dass China das postsowjetische Land kauft, das fünfmal so groß wie Frankreich ist, in dem aber nur 17 Millionen Menschen leben. Aber: Chinas National Petroleum Corporation (CNPC) kauft einen Anteil von 8,33% am derzeit wichtigsten und zugleich teuersten Ölfeld der Welt: Kashagan. Der Anteil, den die US-Firma ConocoPhillips ursprünglich an die indische Oil und Natural Gas Corporation (ONGC) verkaufen wollte, wandert jetzt durch ein Vorkaufsrecht des kasachischen Staates an Indiens großen Nachbarn. Das dürfte Indien, die mit dem Deal einen Fuß in die kasachische Öltür bekommen wollten und dessen Ölbedarf rasant wächst, nicht gefallen.

Der Deal zeigt, wie strategisch China vorgeht, um seinen künftigen Bedarf an Öl zu decken. Nicht nur ein Verkaufspreis von 5 Milliarden US$ wird genannt, sondern auch 3 Milliarden Investitionszulagen für die zweite Phase der Kashagan-Erschließung sowie Kreditlinien in Höhe von 3 bis 5 Milliarden US$ von der China Development Bank und der Import-Export-Bank of China. Nicht explizit in den Presseberichten wird gesagt, ob der Deal tatsächlich auf US$ lautet oder ob die chinesische Währung oder Tauschgeschäfte darüber hinaus eine Rolle spielen (wie immer wieder zwischen Indien und Iran diskutiert).

In Kashagan sollen 35 Milliarden Barrel Öl lagern, von denen zwischen 9 und 13 Milliarden förderbar sein sollen. Außerdem werden bis zu eine Billion Kubikmeter Erdgas vermutet. In den vergangenen 13 Jahren hat ein Konsortium verschiedener Ölfirmen über 50 Milliarden US$ in die Erschließung investiert, das sind zwischen 3,8 und 5,6 US$ pro förderbarem Barrel. Dennoch gilt das Feld als finanzielle Enttäuschung, seine Erschließung als "teuer". 2011 hieß es noch, das Feld würde 2012 fördern. Heute soll nun die erste Probeförderung beginnen und die kommerzielle Ausbeutung in 3 bis 4 Wochen starten. 180.000 Barrel pro Tag kommen dann zusätzlich auf den Ölmarkt, Kasachstan selbst benötigt etwa 250.000 Barrel am Tag. Zum Vergleich: 40.000.000 Barrel Tagesförderkapazitäten müssen laut Internationaler Energieagentur bis 2035 ans Ölnetz gehen, um die durch rückläufige Förderraten der alten Felder und steigenden Ölbedarf der Schwellenländer entstehende Versorgungslücke auszugleichen. Die zweite Ausbaustufe soll zu einer Gesamtkapazität der Kashagan-Förderung von 370.000 Barrel ab 2015 führen. Um die Ölversorgungslücke bis 2035 zu schließen, müssten in den kommenden 20 Jahren also mehr als 100 Ölfelder von der Dimension Kashagans erschlossen werden. (Und die Kashagan-Erschließung hat 13 Jahre (!) gedauert!)

Zweifellos werden die Anteilseigner an Kashagan bevorzugt beliefert. Italiens ENI, die US-Firmen ExxonMobil und Shell, Frankreichs Total und der kasachische Konzern KazMunaiGas halten jeweils ganz demokratisch geteilte 16,81%. Chinas CNPC steigt jetzt mit 8,33% ein und Japans Inpex gehören 7,56%.

Pressereflektionen:

Anderes:

Biokerosin: Lufthansa beendet erfolgreichen Test. Problem: “Pflanzen müssen erstmal wachsen”

In der jüngsten "Arena-Analyse", die DiePresse und DIE ZEIT gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen Kovar & Köppl erstellen ließ, wird der Ölpreis als einer der Hauptproblemfelder der Zukunft gesehen. Im auswertenden Artikel der PRESSE wird Peak Oil als eine von fünf möglichen Weltkrisen benannt. Kernaussage der Analyse ist: Wir brauchen mehr Resilienz, mehr Widerstandsfähigkeit, unsere menschlichen Systeme müssen ähnlich den natürlichen Systemen externe Schocks aushalten und sich aus sich selbst heraus erneuern können. Nur so, das ist die Kernaussage der Analyse, werden wir in jener Zukunft bestehen können, die von Klimawandel und Ressourcenverknappung geprägt wird.

Auf dem Weg in eine "Biobased Economy" hat die Lufthansa zwischen Juli und Dezember 2011 eine ihrer Maschinen im normalen Tagesbetrieb mit "Biokerosin" der Firma Neste Oil betankt. Das Projekt gilt als erfolgreich, wird dennoch nicht fortgeführt.  (mehr …)

Unruhen in Kasachstan – Ölarbeiter fordern mehr Geld

In Kasachstan kamen laut Medienberichten gestern 10 Menschen bei Zusammenstößen ums Leben. Über die Öl-Stadt Schanaosen wurde der Ausnahmezustand verhängt. Offenbar fordern Ölarbeiter höhere Löhne. Kasachstan ist für die weltweite Ölversorgung wichtig, laut CIA-Factbook produzierte das Land in 2010 1,6 Millionen Barrel Erdöl pro Tag und liegt damit auf Platz 19 der weltgrößten Förderer, direkt nach Libyen, dessen Förderausfall im Februar den Ölpreis von 100 auf über 120 US$ katapultierte und dazu führte, (mehr …)

Kashagan – der letzte Gigant?

Als Ölgiganten bezeichnet man Ölfelder, die eine förderbare Menge von mehr als 500 Mio. Barrel haben. Zurzeit gibt es 932 Ölfelder auf der Welt, auf die dies zutrifft. Diese Felder stehen für rund 40% der konventionellen Ölreserven, also den Reserven die mit relativ überschaubarem technischem Aufwand gewonnen werden können, und für rund 50% der Tagesproduktion. Viele Geologen gehen daher davon aus, dass sich Peak Oil an diesen Giganten entscheidet, da die vielen kleinen Ölfelder, die immer wieder gefunden werden, den Förderrückgang bei den Giganten kaum ausgleichen können.

Das Kashagan Feld

Einer der zuletzt gefunden Giganten ist das im Jahr 2000 im Kaspischen Meer entdeckte Kashagan Feld. Es gehört zu den größten Ölfunden der letzten 40 Jahre. Das Feld befindet sich im nördlichem Kaspischen Meer in der Nähe der Stadt Atyrau und somit mitten in der sog. „strategischen Ellipse“!

Das kaspische Meer

Das Öl ist gefangen in einer 75 km langen und 35 km breiten Struktur in einer Tiefe von rund 4,5 km. Es steckt in den Porenhohlräumen eines oberdevonischen bis mittelkarbonischen Kalksteins, der nach oben durch permische Schiefer abgedichtet ist. Dieser Kalkstein hat nur eine relativ geringe Porosität, also nur wenig Hohlräume, in denen sich das Öl gesammelt hat. Auch die sog. Permeabilität, die Verbindung der einzelnen Poren untereinander, ist relativ schlecht. Diese beiden Kennwerte entscheiden aber darüber, wie viel Öl gefördert werden kann. Aus den oben beschriebenen Gründen können von den 50 Mrd. Barrel die vorhanden sind, nur etwa 15-25% tatsächlich gefördert werden. Legt man eine förderbare Menge von 25% zugrunde, so können aus dem Kashagan Feld rund 13 Mrd. Barrel gewonnen werden. Das reicht immerhin um die Welt rund 7 Monate mit Öl zu versorgen, was ein beachtlicher Wert ist. Erschwert wird die Förderung aber durch vier wichtige zusätzliche Eigenschaften des Kashagan Feldes:

  1. Das Öl steht unter einem extrem hohen Druck von bis zu 760 bar, was für die Bohrungen eine extreme Herausforderung darstellt.
  2. Im Öl ist eine sehr hohe Konzentration von Schwefelwasserstoff gelöst. H2S ist sehr giftig und muss aufwendig abgetrennt und zurück in die Lagerstätte injiziert werden.
  3. Das Klima im kaspischen Meer kann getrost als sehr rau bezeichnet werden. Die Hälfte des Jahres ist die in nur 10 m Wassertiefe stehende Förderplattform von Eis eingeschlossen.
  4. Das Gebiet gilt als ökologisch sehr sensibel. Es ist u.a. der Laichgrund des Beluga-Störs.

All diese Faktoren haben dazu geführt, dass der Produktionsbeginn des Ölfelds sich um rund 8 Jahre verzögert hat. Die erste (von drei) Ausbaustufe(n) hat bisher rund 39 Mrd. US-Dollar verschlungen. Der Nachrichtendienst Bloomberg meldete gestern, dass das Kashagan Feld voraussichtlich in den nächsten Monaten in Produktion geht. Es wird damit gerechnet, dass die Produktion 2012 mit einer Tagesförderung von 75.000 Barrel beginnt und das der Förderpeak in der dritten Ausbaustufe etwa 2021 bei rund 1,2 bis 1,5 Mio. Barrel Tagesproduktion erreicht wird. Laut Bloomberg ist das Feld trotz seiner Größe für die daran beteiligten Investoren eine Enttäuschung, da die Erschließungskosten bisher etwa 15 Mrd. Dollar höher waren als ursprünglich geplant.

Fazit

Durch den geologisch bedingten Rückgang aus bestehenden Ölfeldern müssen jedes Jahr etwa 3 - 4 Mio. Barrel Tagesproduktion neu auf den Markt gebracht werden, nur um die Produktion auf dem heutigen Niveau zu halten. Das heißt jedes Jahr 3-mal Kashagans Spitzenproduktion! Deutlich wird an diesem Ölfeld, das die Zeiten des „billigen Öls“ definitiv vorbei sind und der Aufwand, den unvermeidlichen Rückgang der Weltölproduktion hinauszuzögern, jedes Jahr größer wird.

Weiterführende Informationen:

http://www.bloomberg.com/news/2011-11-16/biggest-oil-find-in-decades-becomes-39-billion-cautionary-tale.html

http://www.offshore-technology.com/projects/kashagan/

http://www.peakoil.net/AIMseminar/UU_AIM_Robelius.pdf

http://www.tsl.uu.se/uhdsg/Publications/GOF_decline_Article.pdf

http://uu.diva-portal.org/smash/record.jsf?pid=diva2:169774